Es lebe der Zentralfriedhof und alle seine Toten ...

Friedhofskirche am Zentralfriedhof zum Hl. Borromäus
Friedhofskirche zum Hl. Borromäus

Geschichten und Geschichtliches gegen das Vergessen

"Tot ist nur, wer vergessen ist" (Immanuel Kant) 

Der Wiener Zentralfriedhof ist wohl jedem Wiener und jeder Wienerin ein Begriff. Aber die meisten wissen nichts bis wenig über die Geschichte dieses Friedhofs.  Auch Du gehörst du dieser Gruppe? Das kannst Du jetzt hier ändern. Ich erzähle dir gerne einiges Wissenswerte über die Entstehung dieses Ortes. Ich selbst war unzählige Male am Friedhof, bis ich begann, mich für die Geschichte dieses Ortes und auch für seine "Bewohner" zu interessieren. Immer tiefer zog mich die Materie in ihren Bann. Heute bin ich ein großer Fan des Friedhofs und versuche meine Begeisterung auch an andere weiterzugeben.

Johann Kremenezky (1848-1934)

Jugend und frühe Jahre

Johann Kreme

Johann Kremenezky wurde am 15. Feber 1848 als Josef Josefowitsch Leibensohn in Odessa in eine jüdische Familie hineingeboren. Seine Eltern waren Josef und Feige Leibensohn. 

 

Später nahm Johann Leibensohn den Namen „Kremenezky“ an und änderte auch gleich sein Geburtsjahr auf 1850. Warum er das getan hat und wie es zum Namen „Kremenezky“ kam, konnte ich leider nicht eruieren. 

 

Johann erlernte den Beruf eines Elektroingenieurs, den er ab 1869 bei südrussischen Eisenbahnen ausübte. Sein Einsatzbereich waren Schwachstromtechnik und Telegrafenbau. Ab 1874 studierte er Maschinenbau an der Technischen Hochschule in Berlin. Neben dem Studium arbeitete er bei der Elektrofirma „Siemens & Halske“. 1877 nahm er bei der „Société Générale“ in Paris eine Anstellung als Chefingenieur an. 

 

Pionier der elektrischen Beleuchtung 

Zu dieser Zeit verwendete man noch vorwiegend Leuchtgas. Doch dieses Beleuchtungsmittel barg viele Gefahren. Es war nicht nur giftig, sondern konnte auch leicht eine Explosion auslösen. Erzeugt wurde es, indem man Steinkohle erhitzte. Dabei wurden neben Wasserstoff und Methan auch zahlreiche Schadstoffe frei. Beim Verbrennen des Gases verbreiteten sich dann diese Gifte. Zahlreiche Todesfälle waren auf eingeatmetes Leuchtgas zurückzuführen. Bei undichten Gasleitungen konnte es sogar zu Explosionen ganzer Häuser kommen. Zudem war es auch noch teuer. 

Jablotschkowsche Kerze

Eine elektrische Alternative zum Leuchtgas steckte noch in den Kinderschuhen. Kremenezky arbeitete in Paris an der Einführung der „Jablotschkowschen Kerze“. Dies war eine frühe Form der Glühbirne und eine Weiterentwicklung der elektrischen Kohlebogenlampe. Kohlebogenlampen waren die ersten elektrischen Beleuchtungsmittel. Die Elektroden waren horizontal ausgerichtet. Durch die aufsteigende heiße Luft erschien der Lichtschein nach oben hin gebogen. Allerdings war mit dieser Technik nur ein kurzer Betrieb von wenigen Minuten möglich. Die Funktionsweise der Lampen wurde nach und nach verbessert. Schließlich entwickelte der Russe Pawel Jablotschkow eine neue Konstruktion. Diese Neuheit wurde 1878 gemeinsam mit einem Generator von Gramme auf der Pariser Weltausstellung vorgestellt. Die „Jablotschkowschen Kerzen“ wurden mit Wechselstrom betrieben und brannten gleichmäßig ab. Nachteil war, dass sie nur rund 90 Minuten brannten und nur einmalig eingeschaltet werden konnten. Bei einer Unterbrechung des Stromes erloschen sie und mussten ausgewechselt werden. Bei der Weltausstellung in Paris brannten abends rund 1.000 solcher Kerzen. Sie wurden dann auch kommerziell erfolgreich vermarktet. Verwendet wurden sie vorerst zur Beleuchtung von öffentlichen Räumen. Sie kamen z.B. am Themse-Ufer in London, im Berliner Hauptpostamt und auf der Avenue d´Opera in Paris zum Einsatz. Das Licht dieser neuartigen Beleuchtung schimmerte zuerst ein wenig bläulich und wurde allmählich blendend weiß. Es war für das menschliche Auge angenehmer als Gaslicht, das schmutziggelb schien. 

 

1879 wurde Johann Kremenezky nach Wien entsandt. Er sollte hier die elektrische Beleuchtung einführen. Der Pächter des Volksgartens, August von Szabo, ließ sein Etablissement mit elektrischem Licht ausstatten. Am 12. Juli 1880 fand dazu im k.k. Volksgarten eine Probebeleuchtung statt. Bei einem anschließenden Gartenfest wurden sämtliche Gartenanlagen und die Innenräume des Colonaden-Salons von der Société Générale unter der Leitung von Johann Kremenezky in elektrisches Licht getaucht.

 

Die Dringlichkeit der Ablösung des Leuchtgases wurde durch etliche Katastrophen befeuert. Anfang der 1880er Jahre gab es einige Gasunfälle, die zu Theaterbränden führten. In Wien forderte der Ringtheaterbrand am 8. Dezember 1881 fast 400 Todesopfer. Dieses schreckliche Ereignis überzeugte auch die letzten Gegner.

 

Kremenezky beendete seine Anstellung bei der Société Générale und ließ sich in Wien nieder. Hier gründete er im 9. Bezirk, in der Kolingasse 8 eine Fabrik für Wechselstrom-Dynamomaschinen.

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