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Albert von Camesina (1806 - 1881)

Graphiker und Altertumsforscher

Albert Camesina Ritter von San Vittore (1806 - 1881)

Albert Joseph Erwin Camesina stammte aus einer angesehenen Wiener Familie Er kam am 13.05.1806 als Sohn eines Kunst- und Buchhändlers in der Annagasse Nr. 16 in Wien zur Welt. Bereits während seiner Gymnasialzeit entwickelte er großes Interesse an der bildenden Kunst. Er nahm Unterricht im Zeichnen an der Akademie der bildenden Künste und ließ sich zum Maler ausbilden.  Nebenbei beschäftigte er sich mit den graphischen Künsten. Mit Blasius Höfel arbeitete er an der Vervollkommnung des Holzschnitts.

 

Im Jahre 1834 entdeckte er im Stift Klosterneuberg den Verduner Altar. Er beschloss dieses Prachtwerk der Goldschmiede- und Email-Kunst des 12. Jahrhunderts zu zeichnen. Diese kostspielige Arbeit dauerte 9 Jahre. Das Ergebnis brachte er 1844 gemeinsam mit  Joseph von Arneth unter dem Titel „Das Niello-Antipendium zu Klosterneuburg“ in Gold- und Farbdruck heraus. Während seiner stillen Zurückgezogenheit auf seinem Landsitz in Perchtoldsdorf (1837 - 1848) entstanden auch Zeichnungen der ältesten Glasgemälde im Kreuzgang des Stiftes Heiligenkreuz. Seine kunsthistorischen Arbeiten verschafften Camesina u. a. die nähere Bekanntschaft mit Fürst Metternich. 1845 reiste er gemeinsam mit ihm durch Deutschland und Belgien. Ab 1848 betrieb er historische Forschungen in Wien.  Von entscheidendem Einfluss waren dabei seine Bekanntschaften mit Persönlichkeiten wie Joseph Chmel, Theodor Georg von Karajan, Ernst von Birk, Andreas von Meiller  oder Rudolf Eitelberger.

 

Er gehörte zum Kreis von Historikern, die 1851 die sogenannte „Sylvesterspende“ ins Leben riefen. Es handelte sich dabei um lose Veröffentlichungen mit Beiträgen über die Wiener Geschichte. Albert Camesina erwarb sich große Verdienste durch seine Veröffentlichungen zur Kunstgeschichte und Geschichte Wiens. Er gilt als der historische Topograph und Mittelalterarchäologe Wiens im 19. Jahrhundert. Er forschte in den Archiven und lieferte für die Topographie Wiens wertvolle Beiträge. Er machte sehr genaue Kopien vom Albertinischen Plan aus der Mitte des 15. Jahrhunderts, von der Rundansicht Wiens zur Zeit der ersten Türkenbelagerung 1529, sowie von Ansichten Wiens aus den Jahren 1547 und 1558.

Ehrengrab Albert von Camesina

Nach der Gründung der k.k. Zentralkommission zur Erforschung und Erhaltung der Bauwerke wurde Camesina 1853 zum Konservator für Wien ernannt. Ein Jahr später war er Gründungsmitglied des "Altertumsvereins zu Wien" und gehörte dem Ausschuss bis an sein Lebensende an. Zudem beteiligte er sich an dem 1865 gegründeten Verein für Landeskunde von Niederösterreich. 1867 wurde ihm das Bürgerrecht von Wien verliehen, 1869 wurde er zum Ritter von San Vittore erhoben. 

 

Das Grab

Albert von Camesina starb vor nunmehr 140 Jahren, am 16. Juni 1881, in Wien in seinem Wohnhaus in der Annagasse 16.  Seine letzte Ruhestätte fand er im Familiengrab am Zentralfriedhof, Gruppe 12A/R2/9. Das Grab wurde von der Stadt Wien ehrenhalber gewidmet. Das Bronzerelief am Grabstein mit dem Porträt von Albert Camesina fertigte der Medailleur Anton Scharff.

 

Nach Albert von Camesina wurde 1886 auch ein kleines Gässchen im 1. Bezirk benannt.  Seit 1949/1950  ist diese Gasse durch den Bau des Hauses 1., Hoher Markt 4 aufgelassen. Heute gibt es einen öffentlichen Durchgang durch dieses Gebäude in die Landskrongasse 8.

Seit 1976 ist im 12. Bezirk Altmannsdorf der Camesinaweg nach der Künstlerfamilie Camesina  benannt. 

 

Hotel "Römischer Kaiser" in der Annagasse 16 in Wien

Geschichten zum Geburts-, Wohn- und Sterbehaus

Die Annagasse 16 in Wien war Albert Camesinas Geburts-, Wohn- und Sterbehaus. Das Haus wurde um 1700 erbaut und trug den Namen des Vorgängerbaus: "Zur blauen Kugel". Im obersten Geschoss befand sich ein Observatorium, das sich Leander von Anguissola dort einrichtete.  Zwischen 1718 und 1754 war an dieser Adresse die kaiserliche Ingenieurschule zu finden. 1775 kam das Gebäude in den Besitz der Familie Camesina. Seit 1907 beherbergt das  Haus Gäste des Hotels „Römischer Kaiser“.  In diesem ereignete sich 1913 ein Mord. Die 26-jährige Nobelprostituierte Mizzi Schmidt hatte sich mit einem Herrn ins Zimmer 18 eingemietet. Als der Gast einige Zeit später ging, bat er die Zimmermädchen Mizzi nicht zu wecken. Nachdem der Gast das Hotel verlassen hatte, fand man die tote Mizzi. Die Leiche wies Bissspuren auf und so ging man anfänglich von einem Lustmord aus. Da jedoch ein goldenes, diamantenbesetztes Armband fehlte, schloss man auf Raubmord. Die Polizei konnte anhand der Beschreibung der Angestellten den letzten Besucher rasch ausfindig machen. Dem Personal waren vor allem die edlen Lackschuhe des jungen Mannes aufgefallen.  Mangels Beweisen musste der Student Felix Kundgrabner jedoch wieder auf freien Fuß gesetzt werden. Dieser floh nach Frankreich und trat dort in die Fremdenlegion ein. Trotz  internationalem Haftbefehl lieferten die Franzosen ihn nicht aus. Jahre später tauchte ein schriftliches Geständnis,  unterschrieben mit "Lixi, der Mörder" auf. "Lixi" war der Spitzname von Felix im Familienkreis. Seit diesem Mord gibt es im Hotel "Römischer Kaiser" kein Zimmer 18 mehr.

Alberto Camesina der Stuckateur (1675-1756)

Alberto Camesina

Albert von Camesinas Urgroßvater war der berühmte Kunst-Stuckateur Alberto Camesina. Dieser stammte aus San Vittore in der Schweiz und ließ sich Anfang des 18. Jahrhunderts in Wien nieder. Neben Santino Bussi war er in der Zeit von 1700-1740 einer der gefragtesten Stuckateure. Der von ihm bevorzugte Stil der zarten Ranken und des Bandlwerks galt im kaiserlichen Wien als modern und wurde von den adeligen und kirchlichen Auftraggebern hoch geschätzt. Seine künstlerische Fertigkeit kam besonders in den Reliefs mit Szenen aus der griechischen und römischen Geschichte zum Ausdruck. 1710 erhielt er das Bürgerrecht.  Im selben Jahr schmückte er für den Erzbischof Fürst von Harrach die Prunkräume der Erzbischöflichen Residenz in Salzburg mit Stuckarbeiten aus. 1714 wurde er zusammen mit seinem Lehrmeister Santino Bussi zum Hofstuckateur ernannt. Mit Bussi stuckierte er in Wien vielfach Bauten der Architekten Fischer von Erlach und Lukas von Hildebrandt. Für Prinz Eugen fertigte Camesina die Stuck-Arbeiten in den Sälen des Oberen Belvedere, sowie einzelne Stuckaturen im Schloss Hof. Er erhielt zahlreiche Aufträge für die Ausschmückung von Adelspalästen und Kirchen, wie z.B. für das Alte Rathaus, die Nationalbibliothek, das Schloss Hetzendorf, die Peterskirche  oder die Wallfahrtskirche Mariabrunn. Die imposante Darstellung der Himmelfahrt des Hl. Karl Borromäus im Altarraum der Karlskirche stammt ebenfalls von ihm.  

 

Das Camesinahaus  

das Camesina-Haus in der Domgasse 5 in Wien

1713 heiratete Alberto Camesina Maria Elisabeth Garove, die Tochter eines erfolgreichen Baumeisters aus Bissone, mit der er vier Kinder hatte. Maria brachte eine reiche Mitgift in die Ehe.  Das damals zweistöckige Bürgerhaus in der heutigen Domgasse_5 gehörte Camesinas Schwiegervater. Es stammt aus dem 15. Jahrhundert und hatte seinen ursprünglichen Eingang in der Schulerstraße 8 (damals Große Schulerstraße 845). Nach dem Tod des Hausbesitzers 1719 kaufte Alberto Camesina das Haus seiner Schwiegermutter ab. Von da an war es allgemein als das "Camesina-Haus" bekannt. Noch heute erinnert in einem Raum eine für ein Bürgerhaus ungewöhnlich prächtige Wand- und  Deckendekoration an Camesina.      

Deckenstuckatur im Camesinahaus in der Domgasse 5 in Wien

Vermutlich präsentierte er hier potentiellen Kunden sein Können. Bei seinem Tode 1756 hinterließ er das Camesinahaus und einiges an Vermögen. 

 

1784 erwarb Wolfgang Amadeus Mozart von Anna Maria Camesina (der verwitweten Schwiegertochter Alberto Camesinas) das Wohnrecht für die repräsentative Nobelwohnung im 1. Stock. Für eine Jahresmiete von rund 450 Gulden bewohnte er vier Zimmer, zwei Kabinette, Küche und Nebenräume. Mozart wohnte hier bis 1787. Unter den zahlreichen Wohnungen die Mozart je hatte, war dies die vornehmste, größte und teuerste Wohnung. In dieser Zeit entstanden hier Werke wie z.B. "Le Nozze di Figaro", die Vertonung des Johann Wolfgang von Goethe-Gedichtes „Das Veilchen“ und die Joseph Haydn gewidmeten Streichquartette . Hier waren auch viele Musiker, wie Joseph Haydn oder Ludwig van Beethoven zu Besuch. Erst später erhielt das Haus den Namen "Mozarthaus". 

 

Um 1800 erwarb der Maler Johann Baptist Ritter von Lampi das Haus. Im 20. Jahrhundert wechselte es öfter den Besitzer. Zeitweilig gab es im Haus die Gastwirtschaft "Mozartstüberl".  Heute ist das Mozarthaus ein Museum. 


Bildquellen:

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Kommentare: 4
  • #1

    Franz Mezera (Donnerstag, 27 Mai 2021 18:41)

    Es ist mir eine Freude deinen Ausführungen zu folgen.
    LIebe Grüße

  • #2

    Günter Biedermann (Donnerstag, 27 Mai 2021 21:08)

    Wenn man sich für Geschichte interessiert dann sagt man oft "den kennt kana mehr".
    Durch deinen Blog werden viele wieder bekannt!
    Danke + LG

  • #3

    Gabi Steindl (Freitag, 28 Mai 2021 08:20)

    Ich finde die Verbindungen zu anderen Persönlichkeiten super. ZB zu Mozart, dessen Wohnung man ja kennt ��. Den Namen „Bussi“ find ich auch cool.

  • #4

    Harald Schneller (Montag, 31 Mai 2021 15:11)

    Wir (meine Frau und zwei Freunde) hätten nie gedacht, dass ein Besuch auf dem Wiener Zentralfriedhof so interessant und lehrreich sein kann. Wir hatten das große Glück die uns bis dahin unbekannte Karin Kiradi zufällig auf dem Friedhof zu treffen und in's Gespräch zu kommen. Das Angebot "wenn wir möchten zeigt sie uns ein wenig" konnten wir nicht ausschlagen und so erfuhren nicht nur viel über den Friedhof und seine Geschichte sonder auch einiges von deren "Bewohnern". Ein wirkliches Highlight unseres Wienbesuches. Und wenn irgendwie möglich möchten wir unser Wissen mit den spannenden, unterhaltsamen und lehrreichen Erzählung von der ausserordentlich sympatischen Karin Kiradi gerne fortsetzen.