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Josef Mohapel (1904-1925)

Josef Mohapel

Josef Mohapel wurde 1904 als einziger Sohn von Josef (1859 - 1940) und Josefine Mohapel (1879 - 1959) geboren. Die Familie wohnte in der Darwingasse 7 im 2. Wiener Gemeindebezirk. Der Vater betrieb eine Kohlengroßhandlung beim Nordbahnhof, Waaghaus 2. Sein Sohn Josef arbeitete als Buchhalter und war Mitglied in einem deutschnationalen Turnerverein. Politisch war er aber angeblich völlig desinteressiert.

 

Stimmungsbild der 1920er Jahre

Seit Beginn der 1920iger Jahre kam es immer wieder zu Übergriffen faschistischer Organisationen. 1923 führte dies zur Gründung des „Republikanischen Schutzbundes“. Am 17.2.1923 kam es zu einem Angriff auf Arbeiter der Fa. Semperit. Dabei wurde der 44 jährige Betriebsrat Franz Birnecker mit einer Schusswaffe tödlich getroffen. Am 4.5.1923 schossen Nationalsozialisten den  26jährigen Eisenbahnordner Karl Still aus nächster Nähe an. Er erlag nur wenige Tage später seinen Verletzungen. Am 30.9.1923 terrorisierte eine Truppe von 30 Wiener Nationalsozialisten zuerst die Dorfbevölkerung von Spillern und erschoss dann in der Nacht auf dem Heimweg den 16jährigen Karl Kovarik. Weiters gab es unzählige Verletzte bei diesen und ähnlichen „Überfällen“. Die Täter kamen jeweils mit sehr kleinen Strafen davon oder blieben sogar gänzlich straffrei. 

 

Nach einer "Totenfeier" für oberschlesische Freikorpskämpfer am Eichkogel (zwischen Mödling und Gumpoldskirchen) kam am 20. Mai 1925 ein Lastauto voll "Rheinländer" in der Nacht nach Mödling, um Angehörige des Republikanischen Schutzbundes aus ihren Häusern herauszuprügeln. Der Wiener "Wehrbund Rheinland" war die Nachfolgeorganisation des behördlich aufgelösten "Freikorps Roßbach" und unterhielt enge Beziehungen zur NSDAP. Als die Faschisten ins Arbeiterviertel der Südbahn vordrangen, holten Arbeiter einer Schuhfabrik ihren Kollegen und Gemeinderat Leopold Müller aus dem Bett. Als er sah, dass die "Rheinländer" mit allen möglichen Waffen ausgerüstet waren, bewog er die Arbeiter zur Umkehr. Die Faschisten nahmen aber mit lautem Hurragebrüll die Verfolgung auf und gaben aus ihren Pistolen etwa 50 Schüsse ab. Schließlich holten sie Leopold Müller ein. Sie gingen mit Spaten, Stöcken und einem Messer auf ihn los und traten den auf dem Boden Liegenden mit Füßen. Dabei brachen sie ihm die Rippen und fügten ihm tiefe Schnitt- und Stichwunden zu. Nach mehreren Operationen verstarb Leopold Müller am 22. Mai 1925 im Krankenhaus. Der Täter wurde zu einem Jahr Kerker verurteilt, blieb aber aufgrund von gesundheitlichen Problemen auf freiem Fuß und konnte untertauchen.

 

Die Stimmung in der Bevölkerung und den Betrieben war angespannt. Die Forderungen umfassten die Entwaffnung und Beseitigung der faschistischen Mordverbände (Hakenkreuzler, Heimwehren, Rheinländer), sowie die Bewaffnung der Arbeiterschaft und Ausbau des Republikanischen Schutzbundes. 

 

Der Mord an Josef Mohapel und seine politische Bedeutung

Am 29. Juli 1925 starb Jakob Reumann, der bis 1923 sozialdemokratischer Bürgermeister der Stadt Wien war. Sein Begräbnis fand am 1. August 1925 in der Feuerhalle Simmering statt. Nach den Trauerfeierlichkeiten demonstrierte eine Gruppe des Republikanischen Schutzbundes (dem Sozialisten und Kommunisten angehörten) am Praterstern gegen rechtsradikale Gewalttaten sowie gegen die Wiener Polizei. Die milden Strafen für Übergriffe und Morde durch faschistische Verbände, ließ keinen Zweifel daran, dass die Polizei Partei für das rechte Lager bezog. Die Stimmung bei der Veranstaltung heizte sich immer mehr auf. Der 21jährige Josef Mohapel kam mit einem Freund zufällig vorbei. An ihrer Kleidung trugen sie die Abzeichen des christlichen Turnerbundes. Dadurch wurden sie vermutlich als "Gegner" angesehen. Plötzlich rief jemand aus der Menge „2 Hakenkreuzler!“ Daraufhin wurden die beiden jungen Männer von einer großen Meute verfolgt. Während sich Mohapels Freund retten konnte, flüchtete er selbst ins Hotel „Dresden" in die Weintraubengasse. Dort wurde er von den Verfolgern eingeholt und in der Hitze des Gefechtes von einem Kleinkriminellen durch mehrere Messerstiche getötet. 

 

Obwohl Josef Mohapel nichts mit Politik am Hut gehabt hatte, wurde seine Ermordung von der Presse und rechtsradikalen Gruppierungen instrumentalisiert. Völlig unbeachtet blieb die Erkenntnis, dass die Tat von einem unpolitischen, polizeibekannten Gewalttäter verübt worden war. Er hatte sich nur zufällig unter die Demonstranten gemischt. Die Tatsache, dass der Mord am Rande einer antifaschistischen Kundgebung stattgefunden hatte, wurde zum Anlass für eine Hetzkampagne gegen den Republikanischen Schutzbund genommen. Die Tragödie wurde in rechtsstehenden Zeitungen mit der Schlagzeile "Christenprogrom in der Leopoldstadt" skandalisiert.  Die Reichspost titelte: „Von Sozialisten hingeschlachtet!“ Die Gewalttat wurde als die Konsequenz einer „jüdisch-marxistischen Hetze“ hingestellt. Der „Fall Mohapel“ führte zu einer weiteren antisemitischen Radikalisierung auf parteipolitischer und medialer Ebene.

 

Die nationalsozialistische deutsche Arbeiterpartei plante in der Gastwirtschaft Weigl im 12. Wiener Gemeindebezirk eine Massenversammlung, in der „gegen die von bezahlten Henkersknechten durchgeführte bestialische Ermordung des deutschen Turners Josef Mohapel“ protestiert werden sollte. Aus Gründen der öffentlichen Sicherheit verbot die Polizeidirektion die Abhaltung dieser Versammlung.

 

Trauerfeierlichkeiten und das Grab

Grab von Josef Mohapel am Zentralfriedhof

Gemeinderat Johann Körber sprach den Eltern des ermordeten Josef Mohapel im Namen der Parteileitung der christlichsozialen Partei des zweiten Bezirkes sowie im Namen des Ministers Dr. Heinrich Mataja und des Nationalrates Leopold Kunschak das innigste Beileid aus. Die Eltern baten bei dieser Gelegenheit von den zahlreichen geplanten Ansprachen am Grab Abstand zu nehmen. Dem wurde entsprochen und so sprachen bei der Leichenfeier nur der Heeresprobst, der die Trauerfeier leitete und ein  Vertreter der christlichsozialen Turnerschaft. Es kam beim Begräbnis allerdings zu einem gewaltigen Aufmarsch von Nationalsozialisten und Christlichsozialen. Die Reichspost berichtete über das Leichenbegängnis (so nannte man die Feierlichkeiten anlässlich einer Beerdigung damals) folgendermaßen: „tausend und aber tausend Wiener und Wienerinnen schritten stundenlang durch die Glut dieses Sommernachmittags, um dem Leichnam eines Jünglings Ehre zu erweisen, wie sie sonst nur großen Führerpersönlichkeiten zuteil werden  oder Männern, die im Glanz des Ruhmes sterben“.

 

Das Grab von Josef Mohapel befindet sich in der Gruppe 71D/Nummer 15. Es ist von Tor 2 aus gut zu erreichen. 

 

Die Eltern von Josef Mohapel ließen auch in der Wallfahrtskirche Maria Grün in der Aspernallee 1 im 2. Wiener Gemeindebezirk eine Erinnerungstafel für ihren Sohn anbringen. 

 1939 wurde die "Tempelgasse" im 2. Wiener Gemeindebezirk von den Nationalsozialisten  in „Mohapelgasse“ umbenannt. 1945 wurde die Gasse wieder in "Tempelgasse" rückumbenannt. 


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