· 

Vincenz Hefele Jun. (1820-1892)

Geburtsmatrikel Vincenz Hefele 1824

Vincenz Hefele Junior kam am 15. Feber 1820 als Sohn von Vincenz Hefele Sen. (1793-1854) und dessen Frau Elisabeth Rauch (1793-1865) in Wien zur Welt. Der Vater war Tischlermeister. Die Werkstätte für den bürgerlichen Tischler befand sich in der Alservorstadt 235 (=später Währingergasse). Für den kaiserlichen Hof war er als Fortifikationstischler tätig.  

k.k. priv. ritterl. Bürger-Scharfschützen Corp

Vincenz Sen. gehörte außerdem dem „k.k. priv. ritterlichen Bürger-Scharfschützen-Corps“ an. Dies war eine eigene Abteilung der National-Garde. Vincenz hatte den Rang des „Capitän-Lieutenant“ und des „1. Adjutanten im äußeren Rath“. 

 

Vincenz Sen. war auch Vereinsdirektor des Wiener-Wohltätigkeits-Vereins. Dieser organisierte z.B. jährlich ein Christbaumfest für die Armen Wiens. Vincenz Sen. engagierte sich auch als Armen-Bezirks-Direktor der Pfarre Rossau.  

  

Vincenz Jun. hatte mindestens einen Bruder – Johann Hefele (1821-1888), der k.k. Hof-Offizier war und eine Schwester namens Barbara.  Die Familie wohnte in der Alservorstadt in der Währingergasse 235.

 

das Meisterwerk

Vincenz Jun. lernte wie sein Vater das Handwerk eines Tischlers. 1840 machte er seine Meisterprüfung zum Kunsttischler. Um das Meisterrecht zu erwerben, musste damals jeder Tischler ein Stück anfertigen, das sein Können zum Ausdruck bringen sollte. Dabei war es erforderlich das geplante Werk zuerst auf Holz zu zeichnen und einer Innungs-Kommission zur Prüfung vorzulegen. Wurde die Skizze genehmigt, konnte der Anwärter mit der Ausführung beginnen. Vincenz Jun. setzte sich mit seinem Vorhaben hohe Ziele. Er wollte beweisen, dass er so große Kenntnisse und Fähigkeiten erworben hatte, dass er jeden Konkurrenten ausstechen konnte. Er arbeitete fast 18 Monate an seinem Meisterstück

Meisterstück von Vincenz Hefele

Es handelte sich dabei um einen Biedermeiersekretär. Der Schreibschrank war 157 cm hoch, 110 cm breit, 67 cm tief und bestand aus Nussbaumholz, Furnier, Weichholz, Hartholz, Spiegelglas und Metall. Für die Bilder am Schrank setzte Vincenz Jun. eine neuartige Technik ein. Bei der sogenannten „Marketerie“ handelt es sich um eine spezielle Art einer Intarsienarbeit. Während bei der eigentlichen Intarsie aus einem massiven Stück Holz ein Teil ausgehoben wird und ein passendes Furnier einer anderen Holzstruktur eingelegt wird, werden bei der Marketerie zum Teil nur millimetergroße Stücke aus exklusiven Holzfurnieren zu einem Bild zusammengesetzt. Die Arbeit erfolgt mit Lupe, Pinzette und Skalpell. 

 

Auf Metallbeschläge verzichtete Vincenz Jun. gänzlich. Die Laden konnten nur mit Hilfe des Schlüssels geöffnet werden. 

Meisterstück von Vincenz Hefele

Das Besondere an dem Möbelstück war aber der äußerst komplexe Klapp- und Schiebemechanismus. Der Sekretär hatte unzählige doppelte Böden und Geheimfächer. Solche Möbel mit „Geheimnissen“ waren damals „der letzte Schrei“ in Europa. Sie waren auch nicht für den täglichen Gebrauch gedacht, sondern vielmehr zur Demonstration der Tischlerkunst. Meist hielten Möbeltischler die Pläne und Beschreibungen ihrer Werke geheim. Nicht so Vincenz Hefele. Er hielt die komplizierte Anordnung der Schubladen und die aufwendige Bedienung des Möbels in einer detaillierten Beschreibung samt Planzeichnungen fest. Er verfasste auch eine genaue Anleitung, um an die verborgenen Schubladen zu kommen. Sie sollte späteren Besitzern ermöglichen, allfällige Reparaturen an dem Werkstück vornehmen zu können. Darüber hinaus wollte Vincenz Jun. sicherstellen, dass das Möbel möglichst umfassend und korrekt demonstriert werden konnte. 

 

In Fachkreisen fand das Werk große Beachtung. Es wurde aber auch dem allgemeinen Publikum bei diversen Gelegenheiten vorgeführt und so bestaunten innerhalb von 2 Jahren nicht weniger als 10.000 Personen das außergewöhnliche Stück. Vincenz Hefele Jun. legte bei öffentlichen Vorführungen großen Wert darauf, dass der Mechanismus verborgen blieb und die Zuschauer durch die Demonstration in Staunen versetzt wurden.

 

Das Möbel ist heute noch im Geymüllerschlössel, einer Außenstelle des MAK, in Wien zu sehen. Schauen Sie sich das Video mit der Demonstration des Meisterstücks an und lassen Sie sich verzaubern von den unzähligen Geheimnissen dieses Werkes.

der Thoraschrein

Thoraschrein von Pardubice

Ein spätes Werk von Vincenz Hefele Jun. war ein ebenso aufsehenerregendes Kunstwerk. Es handelte sich dabei um den Thoraschrein für die neu errichtete Synagoge in Pardubice. Die Pläne dafür stammten von den Architekten Franz Schmoranz und Jan Machytka. Neben Vincenz Jun. wurde der Bildhauer J. Starck mit der Umsetzung des Mobiliars beauftragt.

 

Die Herstellungskosten des Thoraschreins (Aron ha-Kodesch) beliefen sich auf 2.100 Gulden. Das detailreich geschmückte Holzkunstwerk hatte einige Raffinessen vorzuweisen und erinnert an die arabische Bauweise. Nach der Fertigstellung 1878 wurde der Schrein ab 4. September vorerst im Museum für Kunst und Industrie in Wien ausgestellt. Erst danach wurde er in Pardubice seiner Bestimmung übergeben. 

Funktionen des Thoraschreins von Pardubice

Der Aron ha-Kodesch setzte sich aus drei Teilen zusammen. Die Tora verbarg sich hinter zwei Schiebetüren, welche eine Breite von 1,58m und eine Höhe von 2,53m hatten. 

 

Der Schrank war in Naturholz belassen, lediglich mit Öl gebeizt und die Inschriften und Verzierungen wurden vergoldet. Das Innere der Nische wurde mit himmelblauem Stoff austapeziert und durch lose hängende Goldsternchen geschmückt.

 

Weitere dokumentierte Werke von Hefele sind z.B. 4 Beichtstühle der Votivkirche und Bau- und Kunsttischlerein für das Neue Wiener Rathaus.

 

Vincenz Jun. war auch k.k. Hoftischler. Nach seinem Tod führte sein Sohn Vincenz das Tischlerunternehmen weiter.  Er betrieb dann auch ein eigenes Dampfsägewerk im 3. Bezirk in der Erdbergstraße 127. 

 

Ehe und Familie

Vincenz Jun. heiratete am 19. Juni 1855 die Witwe Barbara (Betty) Brandstetter (1829-1887), geborene Erndt. Diese war zuvor mit dem 18 Jahre älteren Gustav Brandstetter (1812-1852), einem bürgerlichen Handelsmann, verheiratet gewesen. Gustav war am 11.4.1852, zwei Jahre nach der Hochzeit, im Alter von nur 39 Jahren an einer Lungenentzündung verstorben. Barbaras Eltern Franz und Elisabeth Erndt waren Nachbarn von Vincenz Eltern in der Währingergasse. Aller Wahrscheinlichkeit nach haben Vincenz und Barbara bereits als Kinder dort miteinander gespielt. 

 

Vincenz Jun. und Barbara hatten 9 Kinder: 3 Söhne und 6 Töchter:

  • Vincenz (1857-1930)
  • Emilia (1859-1939) verh. Görich
  • Bernhard (*1860)
  • Fanny (1861-1903)⚭ Hans (Johann) Alder (1841-1885) 
  • Johanna 
  • Amalia (1864-1958)
  • Franciska verh. Alder
  • Gustav (1866-1883) 
  • Betty (1868-1872)

Die Familie wohnte in der Berggasse 7, hatte aber auch einen Landsitz in Gersthof, das sogenannte „Gersthofschloss“. Dort verbrachte die Familie ihre freie Zeit und vor allem die Sommermonate.

 

Sohn Vincenz arbeitete in der Werkstätte seines Vaters mit. Nach dessen Tod übernahm er den Betrieb. 

 

Tochter Fanny heiratete im September 1879 den verwitweten Hans Alder. Dieser  war der Bruder des Chemikers und Fabriksbesitzers Viktor Maria Alder (1844-1896). Viktor Alder galt weltweit als Experte auf dem Gebiet der Sprengstoff- und Munitionstechnik. Wie Vincenz Hefele, waren auch die Mitglieder der Familie Alder leidenschaftliche Jäger. 1885 fuhr Vincenz Hefele mit seinem Schwiegersohn Hans Alder zu einem Preisschießen nach Frankfurt. Die beiden Herren waren vom dortigen Verein zum Jubiläum eingeladen worden. Hans Alder, der lange Jahre an Asthma leidete, sackte am 7.10.1885 plötzlich tot zusammen. Er wurde nur 44 Jahre alt. Vincenz Hefele überwachte die Überführung der Leiche mit der Bahn nach Wien. Dort wurde Hans Alder am Zentralfriedhof begraben. Das Grab existiert aber leider nicht mehr.

 

Die jüngste Tochter Betty (Barbara) starb bereits am 4. Oktober 1872 im Alter von 4 Jahren in Folge einer Darmentzündung

 

 

Ein noch schwerer Schicksalsschlag traf die Familie am 25. September 1883. Ihr jüngster Sohn, der 17jährige Gustav, war allseits als freundlicher und entgegenkommender junger Mann bekannt. Eines Tages nahm er jedoch an einem „amerikanischen Duell“ teil. Diese Form der Selbsttötung war gegen Ende des 19. Jahrhunderts groß „in Mode“.  Dabei zogen die Beteiligten eine Kugel. Es gab eine schwarze und eine weiße Kugel. Derjenige, der die schwarze Kugel erwischte, musste sich innerhalb eines bestimmten Zeitraums selbst töten. Tat er das nicht, verlor er seine Ehre. Gustav hatte die totbringende schwarze Kugel erhalten. Er begab sich daraufhin ins „Gersthofschloss“, dem Landgut seiner Eltern. Den Abend verbrachte er in ungezwungener Stimmung mit den Hausleuten und Bekannten.  Gegen 8 Uhr abends ließ er sich Briefpapier auf sein Zimmer bringen. Er schrieb noch einen Brief an seine Eltern, worin er sie um Verzeihung bat. Er hoffe auf ihr Verständnis, dass er so handeln müsse. Es wäre seine heilige Pflicht, seine Ehre zu bewahren. Zeitig in der Früh brachte er den Brief zur Post. Danach kehrte er wieder zurück und erschoss sich in seinem Zimmer mit einer Pistole. Nachdem der Vater die schreckliche Nachricht erhalten hatte, eilte er sofort nach Gersthof. Dort fand er aber nur mehr seinen toten Sohn vor. 

Matrikeleintrag über Tod von Gustav Hefele 1883

der Schütze

Vincenz Jun. war einer der Gründer des „Wiener Schützenvereines“ und wirkte auch bei der Gründung des „Österreichischen Schützenbundes“ mit. In beiden Körperschaften hatte Vincenz Jun. Ehrenstellungen inne. In Fachkreisen nannte man ihn die „Vereinsmutter“.  Vincenz Jun. machte auch eine Erfindung für die Schützen. Er entwickelte eine eiserne Zugscheibe.  

 

Im Mai 1892 - Vincenz Jun. war bereits gestorben - veranstaltete der Wiener Schützenverein ein Festschießen. Beim anschließenden Festakt in der Rotundenallee wurden jene Mitglieder, die dem Verein bereits 25 Jahre angehörten, mit einem Ring geehrt. Auch Vincenz Jun. war 25 Jahre lang Mitglied gewesen. Der für ihn bestimmte Ring wurde seiner Familie zur Erinnerung übergeben.  

 

letzte Ruhestätte

Parte Betty Hefele

Nach der Eröffnung des Wr. Zentralfriedhofs 1874 wurden die 5 Friedhöfe in den Vororten von Wien aufgelassen. Darunter war auch der Währinger Friedhof. Auf diesem waren der  erste Ehemann von Betty Hefele und dessen Eltern begraben. Vincenz Hefele kaufte 1888 eine Gruft am Zentralfriedhof und ließ im Juni desselben Jahres die sterblichen Überreste dieser Personen exhumieren und in die neue Gruft am Zentralfriedhof bringen. Auch seine Frau, seine Eltern, seine Schwester Barbara und seinen Sohn Gustav ließ er gleichzeitig von anderen Friedhöfen hierher umbetten. Als im Dezember 1888 sein Bruder Johann starb, fand auch er hier seine letzte Ruhestätte. 

Grab Vincenz Hefele am Wr. Zentralfriedhof

Vincenz Jun. starb nach langer schwerer Krankheit am 17. Mai 1892. Seine Einsegnung wurde in der Servitenkirche vorgenommen. Unter den Trauergästen befanden sich viele hochrangige Persönlichkeiten, sowie die Mitglieder des Schützenbundes und der Tischlergenossenschaft. Im Anschluss an die Trauerfeierlichkeiten wurde der mit Kränzen geschmückte Sarg auf den Zentralfriedhof gebracht und in der Familiengruft beigesetzt.  Diese befindet sich in der Gruppe 33A/5/63 und ist von Tor 2 aus leicht zu erreichen.

 

Wenn man den Grabstein genau betrachtet, dann erkennt man die Ähnlichkeit mit Vincenz Meisterstück. Der geöffnete Oberteil des Sekretärs und der Teil mit den  Grabsteininschriften weisen denselben Stil auf.  

Leichenschaueintrag Vincenz Hefele 1892

Bildquellen:

  • Geburts- und Sterbebücher: Matricula Online
  • Scharfschützen-Corps: Wienbibliothek digital
  • Bilder des Meisterstücks: Sammlung MAK und Karin Kiradi
  • der Thora-Schrein: Davidkultur
  • die Funktionen des Thora-Schreins: Diplomarbeit "Virtuelle Rekonstruktion d. Synagoge von Pardubice" v. Julia Bauer BSc, 2019, TU-Wien
  • Parte Betty Hefele: Die Presse v. 23. Oktober 1887, Seite 9 - Anno ONB
  • Grab: © Karin Kiradi 

Quellen:

Kommentar schreiben

Kommentare: 2
  • #1

    Fürhacker Robert (Mittwoch, 14 September 2022 15:18)

    Hallo Frau Kiradi!

    Der Geburtstag von Vincenz Johann Hefele ist 15.2.1820 nicht 1824.

    https://gw.geneanet.org/rfuerhacker_w?lang=de&pz=robert&nz=furhacker&ocz=1&p=vincenz+johann&n=hefele

    lG Robert Fürhacker

  • #2

    Gabriele Steindl (Donnerstag, 15 September 2022 10:41)

    Wow, der Schrank ist unglaublich!!!! Da hätten Einbrecher keine Chance.