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Anton Kratky-Baschik (1821-1889)

Anton Kratky-Baschik war ein Mundharmonikavirtuose und ein großartiger Zauberer seiner Zeit, der im Wiener Prater sein Zaubertheater hatte. 

Anton Kratky-Baschik

Herkunft und Familie

Zur Welt kam Anton Kratky-Baschik als „Anton Kratky“. Über sein Geburtsjahr gibt es in diversen Quellen die unterschiedlichsten Angaben. Das reicht von 1810 bis 1822. Ich konnte den Leichenbeschaueintrag über seinen Tod 1889 ausheben. Dort wird sein Alter zum Zeitpunkt des Todes mit 69 Jahren angegeben und als Geburtsort wird Prag angeführt. Demnach müsste das Geburtsjahr 1820 sein. 

 

Jedenfalls war Anton Kratky der Sohn des Gemischtwarenhändlers Karl Kratky und dessen Ehefrau Barbara Bašsika. Anton hatte noch einen Bruder namens Ignaz.

 

Anton fiel allerorts mit seinem ausgeprägten Backenbart auf. Als Anton mit der Zauberei begann, ergänzte er seinen Namen mit dem orientalisch klingenden Zusatz „Baschik“, um sich interessanter zu machen. Dieser Namensteil könnte die Eindeutschung des Mädchennamens seiner Mutter gewesen sein. Außerdem nannte er sich in seinen Vorstellungsanzeigen oft "Professor".

 

Da Anton Zeit seines Lebens kein richtiges Deutsch sprach, sondern "bemakelte", nannten ihn die Wiener oft liebevoll "Kratky-Batschky".

 

Anton war verheiratet mit Margarethe Lorz (1832-1875), die bereits im Alter von nur 43 Jahren verstarb. Ihre einzige TochterSofie (1855-1886) war mit dem Handlungsreisenden Alois Dörr (1843-1892) verheiratet. Sofie starb mit nur 31 Jahren an einer Gehirnerschütterung, die sie sich bei einem Sturz zugezogen hatte. Deren einziger Sohn und damit Enkel von Anton Kratky-Baschik war Anton Dörr (1879-1914). Er wurde mit nur 10 Jahren zum Universalerben des bedeutenden Vermögens seines Großvaters. 

 

Der Mundharmonikavirtuose

Anton war musikalisch begabt und trat bereits in der frühesten Kindheit gemeinsam mit seinem Bruder Ignaz als Mundharmonikaspieler auf. Anton beherrschte das Instrument derart gut, dass er schon bald als „Virtuose“ galt. Direktor Carl in Wien ermöglichte dem damals 9jährigen Knaben ein Konzert an einer Residenzbühne. Bereits mit 16 Jahren bereiste Anton gemeinsam mit seinem Bruder Böhmen und die angrenzenden Länder. 1839 spielten die Brüder am kaiserlichen Hof in Wien. 1844 gastierte Anton Kratky in Wien im Musikverein und im Theater in der Leopoldstadt. 

 

Anton entwickelte eigene Klangerzeuger, wie z.B. das "Hornmelodikon". Dies war eine Konstruktion, bei der er spezielle Mundharmonikas mit Schalltrichtern kombinierte.

Zeitungsinserat für Auftritt von Kratky-Baschik
Anton Kratky-Baschik

Der Zauberkünstler 

Auf einer seiner Konzertreisen lernte Anton um 1850 in Berlin Samuel Bellanchini kennen. Dieser war damals einer der populärsten und bekanntesten deutschen Zauberkünstler. Bellanchini engagierte Anton für den musikalischen Part seiner Vorstellungen.  Daraufhin untermalte Anton die Zaubervorstellungen seines Arbeitgebers mit Mundharmonikakonzerten. Als Anton bemerkte, wie gut die magischen Darbietungen beim Publikum ankamen, begann er, sich Kunststücke abzuschauen und sich auch mit physikalischen Experimenten zu beschäftigen. Die Zauberkunst faszinierte ihn immer mehr und er baute nach einiger Zeit magische Darbietungen in sein eigenes musikalisches Programm ein.

 

Anton Kratky-Baschik begab sich dann mit seinem Neffen Mathias Kratky (1838-1903) auf Tournee. Am 18. August 1852 gab Anton seine erste öffentliche „kombinierte“ Vorstellung in Posen. Zwei Tage später trat er in Kissingen vor dem König von Schweden auf. Weitere Reisen führten die beiden jungen Männer in verschiedene Städte Deutschlands und bis nach Amerika. 1858 unternahm er eine Konzertreise nach England ins Schloss Windsor, wo er vor der Königin Viktoria auftrat. Die Queen war begeistert und verlieh ihm den Titel eines "Hofkünstlers und Hofvirtuosen Ihrer Majestät der englischen Königin".

 

Um 1862 ließ er sich in Wien nieder und eröffnete 1864 auf der ehemaligen Feuerwerkswiese im Prater ein eigenes „Zaubertheater“. Nach der Pratersaison begab er sich wieder auf Tournee durch diverse Länder der Monarchie.  

Zeitungsinserat für Auftritt von Kratky-Baschik
Anton Kratky-Baschik

1868 kam er nach Wien zurück und mietete sich einen Holzbau in der Ausstellungsstraße 161. Es wurde sein 2. Zaubertheater. Anton zeigte in seinem Etablissement mit Hilfe von Spiegelglas-scheiben Geistererscheinungen und Zauber-pantomimen. Die bekanntesten Programme hießen "Loreley, die Nixenkönigin", "Die schlafende Sylphide" oder "Die Teufelsmühle am Wienerberg". Es waren auch zahlreiche ausländische Magier zu Gast im Theater. Als einer der Ersten verwendete Anton bei seinen Vorführungen „Geißlersche Röhren“. Das waren Vorläufer der Neonröhre. Diese technischen Neuerungen entzückten z.B. auch Georg Haltmeyer, den damaligen Direktor des k.k. polytechnischen Institutes. In einem Leserbrief schrieb er über die nie gesehene Menge, Größe und Mannigfaltigkeit der Röhren. Er hielt seine Studenten an, die Vorführungen Kratky-Baschiks unbedingt zu besuchen.   

Zaubertheater von Kratky-Baschik im Wr. Prater

Einige Zeit führte Anton in der verlängerten Johannesgasse ein Zaubertheater. 1874 kaufte er schließlich in der Ausstellungsstraße 150 ein ehemaliges Affentheater, das durch die gefloppte Weltausstellung 1873 in Konkurs gegangen war. Mit etwa 900 Sitzplätzen war es eines der weltgrößten Zaubertheater. Anton gestaltete es nach dem Vorbild von Robert-Houdin. Es war nicht nur innen mit aufwendiger Technik ausgestattet. Anton ließ an der äußeren Bretterverschalung elektrische Leitungen installieren. Diese hatten den alleinigen Zweck, dass sich sein junges Publikum elektrisieren sollte. Die Maßnahme hatte Erfolg und zog zahlreiche "Mutige" an.     

Anton Kratky-Baschik

Jahrelang arbeitete ein gewisser Georg Julius Proks bei Anton Kratky-Baschik. Er trat meist als Teufel auf und war ein Publikumsliebling. Als er im August 1874 starb, schrieb das illustrierte "Wiener Extrablatt": „Gestern haben sie den Teufel vom Kratky-Baschik in die Grube hinabgesenkt, den kleinen buckligen Mann, unter dessen verkrüppelter Brust ein gerades, treues und ehrliches Herz schlug und der ein Viertel Jahrhundert hindurch in Liebe und Treue seinem Herrn, dem bekannten Zauberer Kratky-Baschik diente. Georg Julius Proks war der Name dieses Mannes, der als Teufel vom Kratky-Baschik eine der populärsten Wiener Figuren war. Mit den feurig-roten Hörnern und der arg zerzausten Perücke am Kopf bot der kleine, bucklige Mann mit den krummen Füßen einen wahrhaft teuflischen Anblick. Nun ist er todt und liegt bereits in kühler Muttererde. Herr Kratky-Baschik ehrte das Andenken des treuen Dieners und veranstaltete ihm ein prächtiges Leichenbegängnis. Auch wurde gestern zum Zeichen der Trauer um das Hinscheiden des treuen Dieners in dem „Zaubertheater“ keine Vorstellung abgehalten. Möge dem wackeren „Teufel“ die Erde leicht sein.“

 

Ab 1879 trat auch die Zauberkünstlerin Maria Capur  in Kratky-Baschiks Zaubertheater auf. Sie war bekannt unter dem Namen  "Amanda von Oeser" und entstammte einer Zaubererfamilie. Sie betrieb einige Zeit eine eigene Praterschaubühne. Dort ereignete sich am 4. August 1874 eine folgenschwere Tragödie. Während einer Vorstellung fiel plötzlich ein Schuss. Das Publikum vermutete zuerst, das dieser zur Show gehören würde. Doch es stellte sich rasch heraus, dass ein Zuschauer Selbstmord begangen hatte. Der Zuckerbäckergehilfe Georg Pelikan war unsterblich in Amanda verliebt gewesen. Diese hoffnungslose Liebe trieb ihn dazu, sich mit einem Schuss mitten ins Herz zu töten. Wie sich herausstellte, hatte der junge Mann der Künstlerin zahlreiche Liebesbriefe geschickt, die diese allerdings unbeantwortet gelassen hatte. 

  

Späte Jahre, Tod und letzte Ruhestätte

Anton litt an fortschreitender Erblindung. Eine rechtzeitige Operation hätte sein Augenlicht retten können. Allerdings sprach Anton auch gerne dem Alkohol zu. Seine Ärzte forderten von ihm eine Abkehr von diesem Laster, bevor sie die Operation durchführen würden. Dieses Opfer war Anton allerdings zu groß. Im Freundeskreis kommentiert er dies so: "Stellen Sie sich vor, jetzt soll ich täglich um ein Seidel Wein weniger trinken, bis ich beim Wasser ankomme! Ich trinke täglich im Durchschnitt meine 20 Seideln: bis ich da allmählich auf eins herunterkomme, bin ich tot." Und so unterblieb die Operation viele Jahre. Nach einigen Schlaganfällen rang sich Anton ca. 1897 schließlich doch zu einer Operation durch. Für kurze Zeit war das Augenleiden behoben. Schon bald kehrte es jedoch zurück und führte zu einer vollständigen Erblindung.  Ab da sah man ihn nur mehr selten in der Öffentlichkeit. Er wohnte mit seiner Pflegerin in der Mayerqasse 14, im 2. Bezirk . Ab und zu unternahmen die beiden gemeinsam einen Ausflug in Moser's Gasthaus in der Penzinger Au.

 

Seine Erkrankung machte ihm natürlich auch ein Auftreten unmöglich. Daher trat der Zauberkünstler Georg Heubeck (1829-1899) in der Maske Kratky-Baschiks auf. Heubeck war ein Lieblingsschüler von Johann Nepomuk Hofzinser gewesen. Auch der Sohn von Antons Bruder Ignaz, Mathias Kratky, übernahm zeitweise den Part seines Onkels. 

Grab von Anton Kratky-Baschik am Zentralfriedhof in Wien

Anton Kratky-Baschik starb am 27. August 1889 in seiner Wohnung in der Mayergasse im Alter von 69 Jahren.  Nachmittags hatte er mit seiner Pflegerin noch einen Ausflug ins Franz Josefs-Land in den 22. Bezirk unternommen. Den Abend verbrachte er in Hauswirth's Restaurant, bevor er nach Hause fuhr. Kurz nach Mitternacht erlitt er plötzlich einen Schlaganfall, den er nicht überlebte.

 

Der Leichnam wurde im Sterbehaus aufgebahrt und tags darauf in den Prater überführt und dort in der Vorhalle des Zaubertheaters aufgebahrt. Zahlreiche Kränze bedeckten den Sarg. Unter den Trauergästen waren auch alle Unternehmer aus dem Prater. Sie hielten ihre Lokale zum Zeichen der Trauer an diesem Tag geschlossen. Auch viele Mitglieder des Carl- und des Fürsttheaters gaben Anton die letzte Ehre.  Um 15.30 Uhr setzte sich der große Leichenzug Richtung Johanneskirche in Bewegung.  Zahlreiche Schaulustige bildeten entlang des ganzen Weges ein Spalier. Nach der feierlichen Einsegnung in der Kirche wurde der Sarg zum Zentralfriedhof gefahren. Eine lange Wagenreihe folgte ihm zu seiner letzten Ruhestätte im Familiengrab. Es befindet sich in der Gruppe 11/G1/52 und ist von Tor 2 aus bequem zu erreichen. Auf seinem Grabstein wird er als "ein Meister seiner Kunst" beschrieben.

 

1963 wurde der „Kratky-Baschik-Weg“ im Prater nach dem ehemaligen Zauberkünstler benannt. 

 

Anekdoten

Anton Kratky-Baschik hatte einige Stammlokale, wie „der Goldene Kegel“ oder „das Goldene Kreuz“, wo er viel Zeit verbrachte. Bier war damals nur kurz haltbar. Frisch angeschlagen, war’s jedenfalls noch relativ kühl. Anton kaprizierte sich darauf, nur frisch angeschlagenes Bier zu trinken. Wenn ihn der Adam vom "Goldenen Kreuz" (der spätere Wirt vom „Eisvogel“) kommen sah, schlug er daher schnell mit dem Bierschlägel auf das Fass. Damit quittierte er die Frage Kratky-Baschiks, ob es frisch angeschlagenes Bier gebe, mit der erstaunten Gegenfrage: „Ja hab'ns net grad den Lärm vom Anschlag gehört?“

 

Eines Tages spielten ihm die Schankburschen im "Goldenen Kreuz" einen Streich. Als Anton im Bierdunst eingenickt war, banden sie seine Perücke an einem Faden fest und führten diesen über einen Ast. Als Anton aufwachte, ließen sie seine Haarpracht schweben und versetzten damit den versierten Zauberer in Staunen.

 

Als Anton nicht mehr gut zu Fuß war, machte er trotzdem gerne Heurigenbesuche. Zu diesem Zweck hatte er einen "Korbwagen", eine Art Rollstuhl, in dem er befördert werden konnte. Eines Tages schob ihn sein Neffe Mathias Kratky nach einem Heurigenbesuch in Döbling in diesem Gefährt heimwärts. Irgendwo auf der Strecke verlor Mathias  die Kontrolle über das Gespann und warf den Zauberer samt Wagen um. Dieser schrie ihn an: "Falott, elendiger, hab i dir net gsagt, wenn i an Rausch hab, derfst du nix saufen?" Daraufhin konterte der ebenfalls trinkfreudige Neffe: "Ja Herr Professor, da kummat i ja ni dran." 

Grab  von Mathias Kratky am Zentralfriedhof in Wien

Weiterbestand des Zaubertheaters

Nach Anton Kratky-Baschiks Tod führten sein Neffe Mathias Kratky (1838-1903) und Franziska Pifl, geb. Kratky (vermutlich eine Schwester) das Theater weiter. Als Mathias 1903 starb, wurde er unweit seines Onkels am Zentralfriedhof in seinem Familiengrab beigesetzt. Das Grab befindet sich in Gruppe 15D/1/6. Auf dem Grabstein ist zu lesen: "Inhaber des Kratky-Baschik Zaubertheaters und Bürger von Wien".

 

Franziska betrieb das Zaubertheater danach noch weiter. Der letzte Direktor war Ottokar Fischer.  Allerdings war die Glanzzeit des Theaters längst vorbei. Die Jugend ging jetzt lieber ins Kino statt in eine Zaubershow. So wurde das Zaubertheater 1911 endgültig geschlossen. 1912 wurde an dieser Stelle eine Wellenfahrt eingerichtet und 1913 ein Kinderkarusell erbaut. Ab 1920 stand dort eine Glückspielhalle, der "Fortuna-Palast".

Leichenbeschaueintrag betr. Mathias Kratky
Kratky Mathias - Eintrag im Sterberegister

Bildquellen:

  • Anton Kratky-Baschik: Viennatouristguide
  • Zeitungsannonce für Konzert: Nürnberger Anzeiger v.  30.08.1863, Seite 4 - MDZ
  • Anton Kratky-Baschik: Wienmuseum
  • Zaubertheater: Geschichtewiki
  • Geistervorführung: Wienmuseum
  • Grab von Anton Kratky-Baschik: © Karin Kiradi
  • Theaterzettel und Bild Anton Kratky-Baschik: Wiener Zeitung, Chronik
  • Theaterprogrammzettel: Geschichtewiki
  • Zeitungsinserat für Kratky-Baschik-Auftritt: "Zwischen-Akt" 24.11.1868 Seite 1: Anno - ONB 
  • Zeitungsinserat für Kratky-Baschik-Auftritt: "Zwischen-Akt" 11.1.1870, Seite 2: Anno - ONB
  • Leichenbeschaueintrag von Anton Kratky-Baschik: Familysearch
  • Grab von Mathias Kratky: © Karin Kiradi
  • Leichenbeschaueintrag von Mathias Kratky: Familysearch

Quellen:

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