· 

Ottokar Fischer (1873-1940)

Ottokar Fischer war ein österreichischer Zauberkünstler. Er sammelte aber auch Informationen über frühere Magier. Ihm ist es u.a. zu verdanken, dass die Zaubertricks von Johann Nepomuk Hofzinser nicht vergessen wurden und für die Nachwelt aufgeschrieben wurden. 

Herkunft, Jugend und Privates

Ottokar Fischer wurde am 10. November 1873 in Leschan, Mähren geboren. Seine Eltern waren der Oberlehrer Josef Fischer und dessen Ehefrau Christine Večera. 1883 zog die Familie nach Wien. 

 

Bei einer Gesellschaftsfeier im Hause seines Vaters führte ein Mann Kartenzaubertricks vor. Damals entflammte in Ottokar die Leidenschaft für die Zauberkunst. Dieser Herr verriet Ottokar auch einige „Geheimnisse“. Obwohl Ottokar eine Mechanikerlehre abschloss, nutzte er jede freie Minute um sich Kunststücke anzueignen. Mit 18 Jahren trat er dann zum ersten Mal öffentlich auf.

 

Später wurde er Beamter und widmete sich nebenbei der Magie. 1891 heiratete er Barbara Eiböck (1875–1938), mit der er einen Sohn - Dr. Otto Fischer (1902 – 1969) - hatte. Die Familie wohnte in der Columbusgasse 1 im 10. Bezirk. Die Wohnung der Fischers war stets mit allerlei gesammelten Zaubermaterialien vollgeräumt.  

 

Freundschaft mit Georg Heubeck

Ottokar eignete sich aber nicht nur viele Kunststücke an um sie selbst zu präsentieren, sondern interessierte sich auch für die Geschichte der Zauberei. Er lernte Englisch und Französisch, studierte die Fachbücher der damaligen Zeit und auch die Biographien bekannter Zauberer. Eines Tages wurde er vom deutschen Händler Carl Willmann angeschrieben. Dieser bat ihn, einen Nachruf auf den Wiener Zauberkünstler Georg Heubeck zusammenzustellen. Ottokar kontaktierte daraufhin die vermeintliche Witwe. Zwei Tage später erschien der totgemeinte Zauberkünstler Heubeck persönlich bei Ottokar Fischer. Aus dieser Begegnung entwickelte sich eine intensive Freundschaft. Heubeck war ein Schüler Johann Nepomuk Hofzinsers gewesen. Heubeck besaß nicht nur schriftliche Aufzeichnungen von Hofzinser, er hatte auch viele Kartentricks direkt von seinem Lehrer gelernt. Heubeck erkannte das große Talent Ottokars und unterrichtete ihn dann bis zu seinem Tod im März 1899. Heubeck gab sein gesamtes Wissen an Ottokar weiter. Nach Heubecks Tod erhielt Ottokar auch den kompletten schriftlichen Nachlass des Altmeisters. Der eigentliche Lehrmeister Ottokars war aber der deutsche Zauberkünstler Otto Graefe.

 

Direktor des "Kratky-Baschik Zaubertheaters"  

1897 besuchte Mathias Kratky, der damalige Direktor des „Kratky-Baschik Zaubertheaters“, eine Vorstellung Ottokars. Die Vortragsweise und die Experimente Ottokars gefielen dem Zaubertheaterdirektor derart gut, dass er ihm einen Jahresvertrag in seinem Theater anbot. Ottokar trat dann dort unter dem Namen „O. F. Marteau“ auf. Seine Kunststücke hießen z.B. "Die verhexte Banknote", "Der Ring in Gefahr" oder "Das Rätsel des Krystalls". Ottokars Präsentationen fanden so großen Anklang, dass sein Vertrag schon nach kurzer Zeit um zwei Jahre verlängert wurde. Im Winter, wenn der Prater geschlossen war, bereiste er die k.u.k.-Monarchie, was ihm einen gewissen Bekanntheitsgrad brachte. Er übernahm schließlich die Leitung des Zaubertheaters und führte es bis zur endgültigen Schließung 1911. 

 

Erster Weltkrieg

Im Ersten Weltkrieg diente Ottokar im k.u.k. Dragoner-Regiment Nr. 6. Während eines Fronturlaubs suchte er um eine Genehmigung an, im Frontheater auftreten zu dürfen. An den Kriegsschauplätzen bot man den Soldaten alle möglichen Darbietungen an. Das reichte vom klassischen Schauspiel, über Kabarett, musikalische Aufführungen, bis hin zu Artisten- und Zaubershows. Die Künstler genossen nicht nur einige Privilegien, sondern waren vor allem vom Frontdienst befreit. Ottokars Gesuch wurde allerdings mit der Begründung, dass er fronttauglich und auf Grund von Mannschaftsmangel nicht entbehrlich sei, abgelehnt. 

 

Forschung 

Nach dem Krieg verlegte sich Ottokar mehr auf die Recherche der Zaubergeschichte und hier besonders auf das Werk von Johann Nepomuk Hofzinser. Ihm ist es zu verdanken, dass die Kunststücke Hofzinsers nicht verloren gingen. In zwei Büchern – "Hofzinsers Kartenkünste" und "Hofzinsers Zauberkünste" - hielt Ottokar seine Forschungsergebnisse fest. Außerdem verfasste er 1929 das "Wunderbuch der Zauberkunst".  Es ist noch immer eines der meist verkauften Bücher über die Grundlagen der Magie. Es wurde auch ins Englische übersetzt. Ottokar trug umfangreiche Informationen über historische Magier auf der ganzen Welt zusammen und kaufte viele historische Zauberapparate. Er war mit vielen großen Zauberkünstlern in aller Welt befreundet und führte mit ihnen einen regen Briefwechsel.  1913 eröffnete Ottokar das Zaubergeschäft „Wiener Kunststätte für Magie“ in der Favoritenstraße 30. Hier verkaufte er nicht nur Zaubertricks (u.a. auch jene von Hofzinser). Sein Geschäft war eine Art Museum der Zauberkunst. Ottokar war auch der Herausgeber der Zeitschrift "Magische Telefunken".

Magischer Klub Wien

1908 gründete der Wiener Lehrer Ludwig Brunner den "Magischen Klub Wien". Ottokar war viele Jahre Präsident und später Ehrenpräsident dieses weltweit anerkannten Klubs. 1933 wurde Ottokar mit dem „Johann Nepomuk Hofzinser-Gedächtnisring“ ausgezeichnet.

 

Letzte Jahre, Tod und letzte Ruhestätte

In der NS-Zeit konnte sich Ottokar nicht so recht ins System einfügen und wurde daher geschnitten. Schließlich wurde er auch Leidtragender eines Rivalitätskrieges zwischen seinem vermeintlich guten Freund Fredo Marvelli und dem deutschen Amateurzauberer Helmut Schreiber. Schreiber war der Präsident des deutschen "Magischen Zirkels" und stand der NS-Führungsspitze sehr nahe. Nach dem Anschluss 1938 nutzte Schreiber die Gelegenheit und gliederte den Magischen Klub Wien in den deutschen Zirkel ein. Ottokar Fischer ließ kein gutes Haar an Schreiber. Marvelli sah darin seine Chance und umschwärmte Ottokar förmlich, damit ihm dieser die Zauberkunststücke Hofzinsers überlassen sollte. Marvelli machte Ottokar klar, dass man Schreiber nur mit Hofzinsers Kunststücken schlagen könne. Dies müsse auch im großen Stil erfolgen und dazu würde Marvelli in Konzertsälen auftreten. Ottokar ließ sich schließlich erweichen, verriet Marvelli die Geheimnisse Hofzinsers und verkaufte ihm dessen Nachlass und sämtliche Gerätschaften um einen Bagatellbetrag. Marvelli ging es aber nur um den eigenen persönlichen Vorteil. Er wollte Schreiber nur übertrumpfen, um selbst an die oberste Nazi-Riege heranzukommen. Marvelli wurde aller-

dings 1942 die Berufserlaubnis entzogen. Er konnte sich aber durch Freunde der Gestapo entziehen. Er flüchtete nach Afrika, wo er dann für Erwin Rommel als Fotograf und auch als Zauberer tätig war.

 

Ottokar Fischer war schwer enttäuscht und verbrachte die letzten Jahre seines Lebens mehr oder weniger verbittert.  Seine eigenen Erinnerungen veröffentlichte Ottokar 1938 im Buch "Aus eins mach zehn". Darin beschrieb er dutzende seiner Zaubertricks und gab detaillierte Anleitungen zur Nachahmung preis.

 

Nach einer schweren Erkrankung starb Ottokar am 1. Dezember 1940, im Alter von 66 Jahren, in Wien. Er wurde am Wiener Zentralfriedhof im Familiengrab bestattet. Das Grab befindet sich in Gruppe 3/Reihe 22/23. Das liegt auf halbem Weg zwischen Tor 1 und Tor 2. 

 

2016 wurde in Wien-Favoriten die „Ottokar-Fischer-Gasse“ nach ihm benannt. 


Bildquellen: 

Quellen:

Kommentar schreiben

Kommentare: 1
  • #1

    Manuela Robben (Samstag, 26 Februar 2022 20:19)

    Wieder sehr interessant �