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Die Opfer des Ringtheaterbrandes

Zentralfriedhof Gedenkstätte für die Opfer des Ringtheaterbrandes 1881

Das Wiener Ringtheater - imposantes Gebäude auf engem Raum

Das Ringtheater wurde im Jänner 1874, im selben Jahr wie der Zentralfriedhof, eröffnet und bot Platz für ca. 1.700 Zuschauer. Es befand sich am Schottenring, dort wo heute die Polizeidirektion ist. Aufgrund der Enge des Baugrundes wurde das Theater vor allem in der Höhe konstruiert. die Gänge, Treppenhäuser und Garderoben konnten nur sehr eng angelegt werden. Die einzelnen Ränge und Galerien waren über niedrige Gänge und verwinkelte Treppen zu erreiche. Alle Türen gingen nur nach innen auf. Es gabt bereits eine Drahtkurtine, die die Vorläuferin des "Eisernen Vorhangs" war. Allerdings war es damals gängige Praxis sie nicht zu verwenden. Das Theater wurde mit Stadtgas beleuchtet.   Das imposante Gebäude hatte eine Renaissance-Barock-Fassade, prachtvolle Foyers und ein mit verschiedenfärbigem Marmor ausgestaltetes Hauptvestibül. Die Haupteingang befand sich am Schottenring, die Galerien erreichte man von der Hessgasse aus. Den  Mitgliedern des Kaiserhauses war ein eigener Zugang von der Maria Theresienstraße vorbehalten. 

 

Es brennt

Am 8.Dezember 1881 stand die Oper "Hoffmanns Erzählungen" am Programm . Das Haus war im fast ausverkauft und beinahe voll besetzt. Kurz vor Beginn der Vorstellung um 19 Uhr brach beim Anzünden der Bühnenbeleuchtung hinter der Bühne ein Feuer aus und setzte sofort die gesamte Dekoration in Brand. Nach ca. 7 Minuten brannten bereits Bühne, Schürboden und Versenkung. Die Flammen schlugen explosionsartig in den Zuschauerraum hinaus. Rauch und Qualm, brennende Dekorationsteile und Funken, die auf die Menschenmenge regneten, lösten Panik aus. Die beengten Räumlichkeiten, fehlende Notbeleuchtungen, die nur nach innen zu öffnenden Türen wurden vielen Menschen zum Verhängnis.  Eine folgenschwere Falschmeldung des Polizeirats Anton Landsteiner an die Erzherzöge Albrecht und Wilhelm, die am Schottenring standen, lautete „Alles gerettet!“. Daraufhin durfte auf längere Zeit niemand das brennende Gebäude betreten und jedermann wurde von Wachmännern daran gehindert. Als die Feuerwehr endlich eintraf, waren bereits alle zu diesem Zeitpunkt noch im Haus verbliebenen Personen tot. 

 

Die Opfer

Mindestens 384 Menschen kostete die Katastrophe das Leben. Die genaue Anzahl der Opfer konnte nie eruiert werden. Die nicht zu identifizierenden Leichen wurden Tage später in einer von der Stadt Wien zur Verfügung gestellten Grabstätte auf dem Zentralfriedhof (Gruppe 30A) bestattet. 

 

Wer sind die Schuldigen?

Im Frühjahr 1882 kam es zum Prozess. Es wurden sowohl die Mängel der Sicherheitsvorkehrungen und der Brandschutzeinrichtungen, als auch die Fehler durch das  Theaterpersonals, thematisiert. Auch die unzureichende Ausrüstung der Feuerwehr kam zur Debatte.  Ringtheaterdirektor Franz Jauner,  Bürgermeister Dr. Julius Newald, Polizeirat Anton Landsteiner sowie fünf weitere Personen mussten sich vor Gericht verantworten. Newald wurde zwar freigesprochen, legte aber trotzdem sein Amt nieder.  Jauner erhielt ebenso wie der Hausverwalter und der Beleuchtungsinspektor einige Monate Arrest.   Die Vertreter der Exekutive, Polizei und Feuerwehr kamen  mit Freisprüchen davon. 

 

Konsequenzen

Der Brand des Ringtheaters war der Anstoß für den Erlass strenger Brandschutzvorschriften für sämtliche Theater. Die Feuerwehr wurde neu organisiert.  Der Arzt Jaromir von Mundy gründete gemeinsam mit seinen Freunden Hans Graf Wilczek, Eduard Graf Lamezan-Salins und dem Chirurgen Theodor Billroth die „Wiener Freiwillige Rettungsgesellschaft“.

Beim Brand verursachte das ausströmende Gas damals einen Pfeifton, der auf auf den Sauerstoffmangel zurückzuführen war. Seit damals ist in Theatern das Pfeifen untersagt. Jeder Pfiff hätte Angst und Panik auslösen können. 

 

Prominenter Nachbar

Rechts neben dem Theater wohnte Anton Bruckner. Er hatte für die Oper am 8. Dezember zwar Karten, fühlte sich allerdings nicht wohl und blieb der Vorstellung fern. Er erlebte aus nächster Nähe das Drama. Seither litt er unter einem schrecklichen Trauma und hatte panische Angst vor Feuer. Er konnte keine Petroleumlampen mehr verwenden, weil er ständig eine Explosion befürchtete. Da er die Nähe der gespenstischen Ruine des Theaters nicht mehr ertrug, ersuchte er um Zuteilung einer anderen Wohnung. Bruckner hatte bei der Hochzeit der Kaisertochter Marie Valerie in Bad Ischl die Orgel gespielt. Sie war es dann auch die für ihn beim Kaiser intervenierte. Eine andere Wohnung wurde ihm allerdings erst 1895 bewilligt, als er aufgrund seiner Wassersucht bereits nicht mehr in der Lage war Stiegen zu steigen. Er bezog dann eine ebenerdige Wohnung im Oberen Belvedere. Nur ein Jahr später starb er im Alter von 72 Jahren. 

 

Nachfolgegebäude des Theaters

An der Stelle des Ringtheaters entstand aus Privatmitteln des Kaisers das so genannte Sühnhaus, ein Zinshaus, dessen Zinsertrag wohltätigen Zwecken zufloss. Einer der ersten Mieter für die Dauer von sechs Jahren war Sigmund Freud. Auch er und seine Schwester Anna hatten für den 8. Dezember Theaterkarten gehabt, diese aber verfallen lassen.  Das Sühnhaus wurde im zweiten Weltkrieg stark beschädigt und danach abgerissen. An dieser Stelle befindet sich heute die Wiener Polizeidirektion.  

 

Dinge die zum Gedenken anregen

Die beiden hölzernen Eingangstüren des Theaters, die an der Seite der Heßgasse angebracht gewesen waren und ein lachendes und ein weinendes Gesicht zeigen, befinden sich im Bezirksmuseum Innere Stadt.  4 Steinfiguren, die den Balkon des Theaters zierten , stehen heute im Pötzleinsdorfer Schlosspark. Sie stellen das „Musikalische Quartett“ Bass, Alt, Tenor und Sopran dar. Einige Marmorsäulen aus dem ehemaligen Ringtheater befinden sich im Missionshaus St. Gabriel in Mödling.  

 

Detail des Denkmales für die Opfer des Ringstraßenbrandes 1881 am Zentralfriedhof

Grabstätte und Denkmal 

Die Grabstätte der Opfer befindet sich unweit des Haupteinganges des Wr. Zentralfriedhofes beim Tor 2, in der Gruppe 30A. Gestaltet wurde das Denkmal vom Wiener Bildhauer Rudolf Weyr. Es zeigt die trauernde Vindobona, die auf einem Sarkophag sitzt. In der einen Hand hält sie das Wappen der Stadt Wien, in der anderen Hand einen Trauerkranz.  Zu ihren Füßen erhebt sich ein Phönix - Sinnbild für die Auferstehung. Von der gesamten Anlage ist leider nur mehr ein kleiner Teil vorhanden. Der Großteil, u. a. auch die Wand mit den Namen der Opfer, wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört. 1981 wurde das Grabmal von der Gemeinde Wien restauriert, zur Erinnerung an die Zerstörung im Krieg allerdings als Torso belassen. 

 

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Kommentare: 1
  • #1

    Robert Fürhacker (Dienstag, 05 September 2023 17:56)

    Sg. Frau Kiradi

    Betr.: Ringtheaterbrand

    Haben sie eine Namensliste der 384 Opfer?
    Im Buch "Die Wiener Polizei" von Hermann Oberhummer von 1938 scheinen 379 Opfer namentlich mit Beruf und Wohnadresse auf.

    mfG Robert Fürhacker