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Emil Jakob Schindler (1842-1892)

Emil Schindler war ein österreichischer Landschaftsmaler und der Vater von Alma Mahler-Werfel.

 

Herkunft und Privates

Emil Jakob Schindler wurde vermutlich am 27. April 1842 (lt. Taufmatrikel am 28.4.1842, in allen anderen Dokumente ist der 27.4. angeführt) in Wien als Sohn einer Fabrikantenfamilie geboren. Schon sein Großvater Leopold Schindler (geb. 1783) hatte eine Baumwollspinnerei in Fischamend. Emils Vater Jakob Schindler (1814-1846) und sein Onkel Alexander Julius Schindler (1818-1885) machten aus der Fabrik einen florierenden Betrieb. Es waren ca. 120 Arbeiter dort beschäftigt. 1843 wurde das Unternehmen modernisiert und auf den neuesten Stand der Technik gebracht. Als alles fertig war, musste die Fabrik nur mehr versichert werden. Dazu hatte sich schon die Versicherungskommission angesagt. In der Nacht davor ging allerdings das Ganze in Flammen auf. Ein entlassener Müllersbursch hatte die Fabrik aus Rache in Brand gesteckt. Emils Vater erkrankte an Lungenkrebs und starb nur wenige Jahre später. Sein Onkel Alexander Julius wurde Politiker und Schriftsteller. Er schrieb unter dem Pseudonym "Julius von Traun" und lebte lange Zeit in Salzburg. 

Emil schindler

Emil wohnte mit seinem Vater Jakob Schindler und seiner Mutter Maria Penz (1816–1886) in der Wiener Vorstadt Leopoldstadt Nr. 11 (heutige Obere Donaustraße 75). Emil hatte auch noch einen Bruder. Paul (Pál) lebte später in Budapest. Nach dem frühen Tod des Vaters zog die Mutter mit den Kindern nach Pressburg. 1849 heiratete sie ein zweites Mal und zwar den Offizier Mathias Eduard Nepalleck (1815-1873). Es war eine Ehe in "letzter Minute". Zu dieser war der Bräutigam vermutlich zur Ehrenrettung des Heeresregiments "gezwungen" worden. Einen Monat nach der Hochzeit kam Emils Halbschwester Alexandrine (1849–1932) zur Welt. Später gesellten sich noch 2 Halbbrüder dazu: Wilhelm Friedrich (1862-1924) und Richard Josef (1864-1940).

 

Emils Stiefvater plante für Emil eine militärische Laufbahn. Tatsächlich trat Emil 1857 in die Armee ein und nahm angeblich auch an der Schlacht von Solferino am 24. Juni 1859 teil. In Mailand lernte Emil aber den Landschaftsmaler Albert Zimmermann kennen und begeisterte sich dabei für die Bildende Kunst. Emil studierte dann von 1860 bis 1868 an der Wiener Akademie der bildenden Künste. Sein Lehrer war Albert Zimmermann. Bereits während des Studiums legte Emil seinen Schwerpunkt auf die Landschaftsmalerei. Seine Vorbilder waren die niederländischen Meister, wie Meindert Hobbema und Jacob Izaaksoon van Ruisdael.   

Emil Jakob Schindler

Emil wohnte zuerst im 3. Bezirk am Rennweg 38 und übersiedelte dann in den 4. Bezirk, in die Mayerhofgasse 4 und später in die Mayerhofgasse 16.

 

Auf der Weltausstellung 1873 in Wien war Emil bereits mit einigen seiner Werke vertreten. In dieser Zeit entwickelte sich eine enge Freundschaft mit Hans Makart. Eine Zeitlang wohnte Emil sogar bei ihm. Emil hatte mit großen finanziellen Problemen zu kämpfen. Seinen Lebensunterhalt verdiente er mit Malunterricht. Zu seinen Schülern gehörten u.a. Carl MollTina Blau, Olga Wisinger-Florian, Marie Egner und Theodor von Hörmann. Um ihnen eine möglichst gute Kenntnis der Perspektive beizubringen, ließ Emil sogar ein Skelett plastisch nachmodellieren. 

 

Nach dem Tod seines Stiefvaters zog seine Mutter mit seiner Halbschwester Alexandrine bei ihm ein und übernahm schließlich die Wohnung. 1873 bis 1875 begab sich  Emil auf mehrere Reisen durch Europa und besuchte u.a. Venedig und Dalmatien. Er unterrichtete Tina Blau, mit der er sich von 1875 bis 1876 ein Studio teilte. 1875 unternahm Emil mit ihr eine große Hollandreise. In der aufkeimenden privaten Beziehung kam es offenbar zu einem Streit und in weiterer Folge zur Trennung. 

 

Ehe mit Anna Sofie Bergen 

Emil hatte eine sehr gute Tenorstimme und trat bei vielen Gelegenheiten privat und öffentlich auf. Er sang u.a. Lieder von Schubert, Schumann, Verdi und Wagner. Er war auch Mitglied des beliebten Wiener Männerquartetts "Udel". Für diese Aktivitäten nahm er Gesangsunterricht beim Komponisten und Gesangslehrer Gustav Geiringer (1856-1945) und später bei der berühmten Sopranistin und Professorin am Wiener Konservatorium, Adele Passy-Cornet (1833-1915). Im Herbst 1877 bereitete Emil eine Aufführung der tragisch-komischen Oper "Lenardo und Blandine" von Franz Mögele vor.  Seine Halbschwester Alexandrine sollte die Primadonna singen,

Anna Sofie Schindler geb. Bergen

wurde jedoch plötzlich krank. Adele Passy-Cornet schlug eine ihrer Schülerinnen, die 20jährige Anna Sofie Bergen (1857-1938), als Ersatz vor. Bei dieser Aufführung verliebte sich Emil in die 15 Jahre jüngere Schauspielerin. 1878 traten sie mehrmals gemeinsam in Wien auf, am 4. Feber 1879 heirateten die beiden schließlich in der Paulanerkirche. Anna war die Tochter einer Hamburger Brauereifamilie, die 1871 durch Bankrott ihr gesamtes Vermögen verloren hatte. Emil teilte sich aus finanziellen Gründen seit Jahren mit seinem Freund und Künstler Julius Victor Berger (1850-1902) eine kleine Wohnung. Emil konnte sich nichts anderes leisten und so zog Anna nach der Eheschließung bei ihrem Mann und dessen Mitbewohner ein. Bereits 6 Monate nach der Hochzeit kam das erste Kind - Alma Margaretha Maria (1879–1964) im August zur Welt. Sie wurde später als Alma Mahler-Werfel berühmt. Emil war viel unterwegs und oft wochenlang auf Studienreisen. 1879 erkrankte Emil an Diphterie. Zur

Anna Sofie Schindler geb. Bergen mit ihren Töchtern Alma und Margarethe Julie

Erholung verbrachte er einen längeren Kuraufenthalt auf Borkum. Während dieser Zeit begann seine Frau ein Verhältnis mit Berger. Die 2. Tochter, Margarethe Julie („Gretel“) (1880–1942), wurde am 16.08.1880 geboren. Ihr Vater war mit ziemlicher Sicherheit Julius Victor Berger. Obwohl Emil dies wusste, nahm er das Kind aber als sein eigenes an. Im Februar 1881 gewann Emil den mit 1.500 Gulden dotierten Reichel-Künstlerpreis. Als Folge davon erhielt er auch eine Reihe von Aufträgen und konnte viele Bilder verkaufen. Damit war endlich die Übersiedlung in eine eigene größere Wohnung möglich und die Familie zog in den 6. Bezirk in die Mariahilferstraße 37. Nach und nach stellte sich sogar ein gewisser Wohlstand im Hause Schindler ein.   

Familie Schindler auf Schloss Plankenberg
Familie Schindler auf Schloss Plankenberg, rechts Emil und Anna, links Carl Moll und Alma

Emil liebte seine beiden Töchter und arrangierte schon früh Klavierunterricht für sie.  Ihre normale Ausbildung erhielten sie im Winter in der Schule, im Sommer wurden sie von ihrer Mutter zu Hause unterrichtet. 

 

Emil versuchte sich auch im Schreiben und schuf ein Drama mit dem Titel "Anna", das allerdings nie veröffentlicht wurde. Weiters schrieb er unter dem Pseudonym "Justus" Kunstkritiken. 

 

Anna hatte zwar die Liaison mit Berger beendet, ging aber schon bald ein heimliches Verhältnis mit Carl Moll (1861-1945) ein. Diese Beziehung überdauerte viele Jahre. Carl Moll war ein Schüler und Assistent Emils und ging im Hause Schindler ein und aus. Historiker und Psychologen vermuten, dass die psychische Disposition der beiden Schindler-Töchter auf diese spezielle Familiensituation zurückzuführen ist.  

 

Werke 

Emil begann zunächst in der Art von Ferdinand Georg Waldmüller zu malen. Emil strebte eine realistische Darstellung an und versuchte, Lichtstimmungen und Witterungssituationen in seinen Gemälden festzuhalten. Emil war auch poetisch veranlagt. Dieses Talent führte ihn zum Malen von Stimmungslandschaften. Erstmals 

Gemälde "Waldfräuleins Geburt" 1868 von Emil Jakob Schindler
"Waldfräuleins Geburt" 1868

präsentierte er dies 1864 in einem Zyklus von Illustrationen unter dem Titel „Das Waldfräulein“. Für seine in Öl gemalten Landschaften wählte er die Motive mit besonderer Vorliebe aus dem Prater, den Donauauen, dem Wienerwald und der Wachau. Später hielt er auch Landschaften aus seinen Reisen nach Mähren, Ungarn und Holland fest. Die Malweise Emils wird „Stimmungsimpressionismus“ genannt. 1869 wurde er Mitglied der Wr. Künstlergenossenschaft, von 1875-76 arbeitete er in einer Ateliergemeinschaft mit Tina Blau.

 

Ab 1878 fertigte Emil eine Reihe von Bildern von Bauerngärten an. Diese zeichnen sich durch eine besondere Nahsicht und Detailgenauigkeit aus. Von 1881 bis 1884 verbrachte Emil mit seiner Familie und seinem Schüler Carl Moll die Sommermonate in Bad Goisern.  Ab 1885 mietete Emil das Schloss Plankenberg bei Neulengbach,

Gemälde "Garten in Plankenberg" 1886 von Emil Jakob Schindler
"Garten in Plankenberg" 1886

wo er im Sommer mit seiner Familie wohnte und eine Künstlerkolonie gründete. Emil unterrichtete dort mehrere Studenten. 1887 erhielt er von Kronprinz Rudolf den Auftrag, Küstenorte in Dalmatien und Griechenland in Tuschezeichnungen oder Aquarellen festzuhalten. Das war Teil eines großen Projekts unter dem Namen „Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild“, die der Kronprinz herausgeben wollte. Dieser Auftrag machte Emil zu einem der bedeutendsten Maler der k.u.k-Monarchie.  Nach seiner Rückkehr schuf Emil auch vier Landschaftsgemälde für das Hochparterre des Naturhistorischen Museums. 

 

Einige Sommer war Emil mit seiner Familie und seinen Schülern auch in Weißenkirchen in der Wachau. Hier trafen sich Künstler wie Robert Russ, Eduard Peithner von Lichtenfels, Tina Blau oder Marie Egner. Daraus entwickelte sich die so genannte Gruppe der „Wachaumaler“.

Emil wurde mit zahlreichen Ehrungen gewürdigt. 1887 ernannte man ihn zum Ehrenmitglied der Akademie der bildenden Künste. Im folgenden Jahr bot man ihm die Ehrenmitgliedschaft der Münchener Akademie an. 1891 erhielt Emil die Goldene Staatsmedaille. 1892 gab es im Künstlerhaus eine  große Ausstellung mit seinen Bildern. 

 

Tod und letzte Ruhestätte 

Emil Schindler starb am 9. August 1892 während eines Urlaubs auf der Insel Sylt an den Folgen einer verschleppten Blinddarmentzündung.  Seine Familie und Carl Moll waren an seinem Sterbebett anwesend. Sein Leichnam wurde nach Wien überführt und am  Friedhof Ober Sankt Veit in Hietzing beerdigt.  

 

1894 wurde die Bergsteiggasse im 18. Bezirk ihm zu Ehren in Schindlergasse umbenannt. Auf Anregung von Carl Moll schuf der Bildhauer Edmund Hellmer ein Marmordenkmal für Emil Schindler. Es wurde im Oktober 1895 im Stadtpark enthüllt. Am 1. Oktober 1895 wurden die sterblichen Überreste Emil Schindlers exhumiert und auf den Zentralfriedhof in ein Ehrengrab umgebettet. Es befindet sich in der Gruppe 14, Nr. 51 gleich bei Tor 2. Der bescheidene Grabstein stammt von Edmund Hellmer.  Auffallend ist, dass sein Name hier, wie auch am Denkmal, als "Jakob Emil Schindler" angeführt ist.  

weiteres Schicksal der Familie

Emils Witwe heiratete am 3. November 1895 ihren langjährigen Liebhaber Carl Moll (1861–1945). Am 9.  August 1899 kam ihre gemeinsame Tochter Maria Anna Alma Margaretha (1899-1945) zur Welt. 1900 bezogen sie eines der ersten "Hohe-Warte-Häuser", das von Josef Hoffmann entworfen wurde. Das Doppelhaus in der Steinfeldgasse 8 war für die Familien von Carl Moll und von Kolo Moser bestimmt. Später ließ Carl Moll von Josef Hoffmann für seine Familie eine Villa in Grinzing in der Wollergasse 10 planen und bauen, in die sie 1909 einzogen.   

 

1912 veranstaltete Carl Moll anlässlich Emil Schindlers 20. Todestag eine Ausstellung mit dessen Gemälden. 

Todesanzeige  Anna Moll 1938

Anna Moll starb im November 1938 nach schwerer Krankheit und wurde am Grinzinger Friedhof beigesetzt. Carl Moll wurde ein überzeugter Nationalsozialist. Als die rote Armee 1945 Wien erreichte, nahm er sich gemeinsam mit seiner Tochter Maria Anna und seinem Schwiegersohn Dr. Richard  Eberstaller in der Villa Moll das Leben. 

 

Emils Tochter Alma führte ein exzentrisches Leben und ging vor allem mit ihren zahlreichen Liebesbeziehungen wie z.B. mit Alexander von Zemlinsky oder Oskar Kokoschka in die Geschichte ein. Sie wurde die Ehefrau von Gustav Mahler, Walter Gropius und Franz Werfel. Da ihr Mann Franz Werfel Jude war, mussten sie vor den Nationalsozialisten in die USA fliehen. 

 

Margarethe heiratete 1900 den Landschaftsmaler Wilhelm Legler, mit dem sie auch einen Sohn hatte. Sie litt an einer Art von Schizophrenie, aufgrund der sie 1911 auch einen Selbstmordversuch unternahm. Von da an verbrachte sie den Rest ihres Lebens in psychiatrischen Anstalten in Österreich und Deutschland. 1942 wurde sie in der Landesirrenanstalt, Grosschweidnitz bei Dresden von den Nazis getötet. 


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Kommentare: 1
  • #1

    G.Steindl (Dienstag, 19 April 2022 13:24)

    Du hast wieder mal einen tollen Beitrag verfasst. Danke :-)