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Familie(n) Robinso(h)n - Teil 1

Die jüdische Familie Robinso(h)n brachte einige interessante Persönlichkeiten hervor. Darunter waren einige Sänger und Schauspieler. Und es gab auch eine besondere Beziehung zum Kaiserhaus. 

 

Die Vorfahren dieser Familie stammen aus Stanislau in Galizien, dem heutigen Ivano-Frankivsk in der Ukraine. Sie gehörten zur Gruppe der Aschkenasen, der größten ethno-religiösen Gruppe im heutigen Judentum. Bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts hatte diese Bevölkerungsgruppe meist noch keine festen Familiennamen. Sie verwendeten in der Regel den Vornamen des Vaters als Zusatz, also beispielsweise „Joel ben Robin“ = "Joel, Sohn des Robin". So kam es aller Wahrscheinlichkeit nach zum Namen „Robinsohn“. Ursprünglich schrieben die Mitglieder dieser Familie ihren Namen auch noch so. Später ließen diverse Nachkommen das „h“ weg und die Schreibweise wandelte sich in „Robinson“. Einzelne Personen verewigten sich mit beiden Namensvarianten. Der Einfachheit halber verwende ich hier einheitlich „Robinson“. 

Stammbaum der jüdischen Familie(n) Robinso(h)n

Fam. Joel Robinson und Chana Anna Zeisler 

Joel Robinson (ca. 1815-1889) wurde ca. 1815 in Stanislau geboren. Er heiratete dort Chana Anna Zeisler (ca. 1818-1871). Die beiden waren zum Zeitpunkt der Eheschließung noch minderjährig. Bei der Geburt ihres ersten Kindes war Joel 19 und Anna ca. 16 Jahre alt . Es folgten dann noch mindestens 4 weitere Nachkommen:

  • Rosa (1834-1892) ⚭ Adolf Misch (1818-1880)
  • Leon (1837-1919) ⚭ Auguste Bett (1844-1900)
  • Adolf (1839-1920) ⚭ Leonore Hahn (1845-1918)
  • Josef (1844-1893) ⚭ Ernestine Bratmann (1868-1942)
  • Regine (1848-1916) ⚭ Josef Szika (1844-1893) 

Joel lebte mit seiner Frau vorerst in Stanislau, wo er als Kaufmann tätig war. Die ersten 4 Kinder kamen auch dort zur Welt. Irgendwann zwischen 1844 und 1848 übersiedelte die Familie nach Wien. Wahrscheinlich lockte die Kaiserstadt mit besseren Lebensbedingungen und versprach ertragreichere Geschäfte. Die jüngste Tochter Regine wurde schon in Wien geboren. Joel hatte zumindest 1 Schwester (Rebecka Chajes) und zwei Brüder (Dr. Susmann und Abraham).

Joel wohnte mit seiner Familie in der Leopoldstadt, in der Donaustraße 13. Später bezogen sie eine Wohnung am Salzgries Nr. 12. Dort starb Anna Robinson am 24. Feber 1871 im Alter von 51 Jahren an einer Bauchfellentzündung. Ihre sterbliche Hülle wurde am israelitischen Friedhof in Währing bestattet. Das Grab befindet sich dort in der Gruppe 19/265

 

Joel zog dann zu seinen Kindern Leon und Rosa in die Werderthorgasse 4. Dort erlag er am 3. September 1889 im Alter von 74 Jahren einer Lungenentzündung. Der Tote wurde im Trauerhaus aufgebahrt. Im Anschluss an die Trauerfeier bestattete man ihn am jüdischen Teil des Zentralfriedhofs bei Tor 1. Das Grab findet man in der Gruppe 5b/363/64. Der Grabstein ist zwar schon umgefallen, die Inschrift kann man aber noch einigermaßen gut lesen.

Joels jüngerer Bruder Abraham Robinson (ca. 1825-1901) war als Kaufmann tätig und ließ sich ebenfalls in Wien nieder. Das Grab seiner Familie existiert noch am alten jüdischen Teil des Zentralfriedhofs bei Tor 1 in der Gruppe 50/11/38.

Fam. Rosa Robinson und Adolf Misch 

Rosalie Robinson wurde „Rosa“ gerufen. Sie kam am 22.7.1834 in Stanislau als erstes Kind von Chana Anna und Joel Robinson zur Welt. Als ihre Eltern mit der gesamten Familie nach Wien übersiedelten, war sie ca. 10 Jahre alt. Ihre jüngste Schwester Regine kam 1848 in Wien zur Welt. Die damals 14jährige Rosa wird wohl ihre Mutter bei der Versorgung der jüngeren Geschwister unterstützt haben.

 

1856 hat Rosa in Rumänien einen Sohn geboren. Der Vater des Kindes war Moses Fokschaner. Der kleine Samuel (Sami) trug  den Nachnamen seines Vaters. Verheiratet waren die Kindeseltern allerdings nicht. Die näheren Hintergründe dazu ließen sich leider nicht eruieren. Rosa heiratete dann am 15. April 1858 den geschiedenen Adolf Misch (ca. 1820-1880). Im Gegensatz zum Christentum gab es im Judentum schon immer die Möglichkeit einer Scheidung. Die Trennung wird dabei in einem Scheidebrief dokumentiert. Die geschiedenen Eheleute dürfen auch wieder neue Partner heiraten. Für Christen war eine Scheidung wesentlich schwieriger. Da das Ehewesen der Kirche unterstand und für die katholische Kirche die Ehe als unauflöslich gilt, konnte eine Trennung nur „von Tisch und Bett“ vollzogen werden. Es durfte aber keine neue Ehe geschlossen werden. Selbst als die Zuständigkeit durch das josephinische Ehepatent 1783 an die weltlichen Gerichte überging, änderte das nichts daran, dass geschiedene Katholiken nicht wieder heiraten durften. 

Heiratsmatrikel 1858 Rosa Robinsohn und Adolf Misch

Die Trauungszeremonie von Rosa und Adolf wurde im Hause der Eltern vollzogen. Der Bräutigam war ungefähr so alt wie Rosas Mutter und stammte aus einer Kaufmannsfamilie aus Lemberg. Er betrieb eine Spedition und ein Inkassogeschäft in Wien. Das frischvermählte Paar wohnte bei Rosas Eltern am Salzgries Nr. 10.

 

Am 9. März 1880 starb Adolf Misch im Alter von 60 Jahren plötzlich und überraschend an einer Lungenentzündung. Sein Leichnam wurde im Trauerhaus aufgebahrt. Nach der Trauerzeremonie fand das Begräbnis am jüdischen Teil des Zentralfriedhofs bei Tor 1 statt. Das Grab befindet sich in der Gruppe 6/6/40

  

Rosa Misch übernahm nach dem Tod ihres Gatten die Geschäftsleitung der Spedition. Nach der Testamentsabwicklung holte sie sich ihren Bruder Josef Robinson (1844-1893) zur Verstärkung. Die beiden führten in weiterer Folge gemeinsam die Firma. Sie verlagerten die Betriebsstätte in die Zelinkagasse und Rosa übersiedelte in die Werderthorgasse 4, wo auch ihr Bruder Leon (1837-1919) wohnte. Dort nahm sie nach dem Tod ihrer Mutter den Vater auf und pflegte ihn bis zu seinem Tod 1889. Danach war Rosa selbst nicht mehr sehr viel Lebenszeit vergönnt. Sie starb am 22. Juli 1892 in Karlsbad. Möglicherweise hielt sie sich dort zu einem Kuraufenthalt auf. Rosa wurde nur 59 Jahre alt. 2 Tage nach ihrem Tod wurde ihr Leichnam am jüdischen Friedhof in Karlsbad begraben.    

Josef Robinson übernahm die Spedition seiner Schwester. Allerdings starb auch er nur ein Jahr nach seiner Schwester, wodurch es dann vermutlich zur Auflösung des Unternehmens kam. 

 

Rosas Sohn Sami Fokschaner heiratete am 4. August 1898 die geschiedene Blanche Fermo geb. Farchy . Standesamtlich wurde die Ehe in Rumänien geschlossen, woher die Braut stammte. Die kirchliche Trauung wurde in Wien vollzogen. Blanche brachte mindestens 3 Kinder in die Ehe mit. Weitere zwei kamen dann noch dazu. Die Nachfahren Samis lebten später in Paris. Blanche starb dort 1932 und wurde am "cimetière du Montparnasse" bestattet.  

 

Fam. Leo(n) Robinson und Augustine Bett 

Leon Robinson (1837-1919) erblickte am 18.7.1838 in Stanislau als zweites Kind von Chana Anna und Joel Robinson das Licht der Welt. Mit ca. 7 Jahren übersiedelte er mit seinen Eltern und Geschwistern nach Wien. Nach der Schule ergriff er den Beruf eines Kaufmannes. 

Heiratsmatrikel 1860 Augustine Bett und Leon Robinsohn

Am 21.10.1860 heiratete er Augustine Bett (Beeth) (1844-1900). Sie war die Tochter eines aus Krakau stammenden Handelsmannes. In der ersten Zeit wohnte das junge Paar in der Rosmaringasse und zog dann in die Werderthorgasse 4. Das Paar bekam 2 Kinder:

  • Olga (1861-1941) ⚭ Max Bombach (1854-1935)
  • Regine (1865-1958) ⚭ Bela Lackenbacher (1861-1900)

Musik dürfte in der Familie einen hohen Stellenwert gehabt haben. Jedenfalls erhielten die Töchter eine fundierte musikalischen Ausbildung. Den Sommer verbrachte die Familie gerne am Land. Das nützte 1884 ein Einbrecher aus. Der vorbestrafte 47jährige Jacob Rosenbaum besorgte sich Nachschlüssel zu Wohnungen in der Werderthorgasse, am Rudolfsplatz und in der Gonzagagasse. In Abwesenheit der Bewohner holte er aus den Häusern wertvolle Gegenstände und verpfändete sie anschließend. Ruchbar wurde das Verbrechen, weil man in der Nähe der Verkehrsbank Überreste zerrissener Pfandscheine fand. Die meisten Bewohner hatten noch gar nicht bemerkt, dass sie bestohlen worden waren. Während der Dieb aus einzelnen Wohnungen wertvolle Silbergegenstände und kostbare Kleider entwendet hatte, brach er bei Robinsons nur einen Kasten gewaltsam auf. Daraus fehlten eine grüne Seidenbrokatjacke und ein Damenüberwurf im Wert von ca. 200 Gulden (entspricht heute ca. Euro 3.370,-).

  

Augustine Robinson starb am 22. Dezember 1900 im Alter von 56 Jahren an einem Herzfehler. Das Begräbnis fand am 24. Dezember statt. Sie wurde am israelitischen Teil des Zentralfriedhofs bei Tor 1 begraben. Das Grab befindet sich in Gruppe 50/15/77

 

Leon überlebte seine Frau um 19 Jahre. Er starb am 26. Feber 1919 an einer Lungenentzündung. Sein Leichnam wurde 2 Tage später im Grab seiner Ehefrau beigesetzt. 

 

Tochter Olga Robinson und Max Bombach 

Olga Robinson (1861- ca.1941) kam am 5. September 1861 in Krakau zur Welt. Dort lebte die Herkunftsfamilie ihrer Mutter. Olga war genauso wie ihre Schwester Regine musikalisch sehr begabt. Olga trat u.a. im Feber 1882 im Rahmen eines Konzertes im Bösendorfer-Saal auf.  

Heiratsmatrikel 1884 Olga Robinsohn und Max Bombach

Am 6. Jänner 1884 heiratete sie den aus Lembach stammenden Beamten Laser Mayer (Max) Bombach (1854-1935). Nach der Hochzeit hängte Olga ihre musikalische Laufbahn an den Nagel und kümmerte sich nur mehr um ihre Familie und die Kinder. Sie hatten 2 Töchter:

  • Elsa (*1885)
  • Melitta (*1889)

Olga fuhr fast jedes Jahr mit ihren Kindern in Begleitung ihres Dienstpersonals zur Kur nach Baden. Später verbrachten sie ihre Urlaube gemeinsam mit ihrem Ehemann eher in Gmunden und Bad Ischl. Max brachte es beruflich bis zum Oberbuchhalter. In seiner Freizeit war auch in einem Schachklub aktiv. 1934 wohnte die Familie in der Josefstädter Straße 79. Inzwischen machte sich der zunehmende Antisemitismus und der Einfluss der Nationalsozialisten immer mehr bemerkbar. Dies bewegte die Familie wohl auch dazu, im Sommer 1934 zum katholischen Glauben zu konvertieren. Max starb kurz darauf im August 1935. Sein Leichnam wurde kremiert und bei der Feuerhalle Simmering im Grab 3/1/3/52 bestattet. Das Grab existiert allerdings nicht mehr. 

 

Olga fiel den Nationalsozialisten zum Opfer. Sie wohnte zuletzt in der Judengasse 7/15. Von dort wurde sie abgeholt und am 5. März 1941 gemeinsam mit ca. 1.000 anderen Jüdinnen und Juden vom Wiener Aspangbahnhof nach Modliborzyce abtransportiert. Der größte Teil der Deportierten wurde in den umliegenden Dörfern bei ortsansässigen jüdischen Familien einquartiert. Einige wurden auch in Massenquartieren untergebracht. Arbeitsfähige Männer brachte man in die Arbeitslager Lysakow bzw. Jenisow zur Zwangsarbeit. In Folge von Unterernährung und Krankheiten gab es im Ghetto eine hohe Sterblichkeitsrate. Aber auch regelmäßige Übergriffe von SS und deutscher Polizei forderten viele Opfer. Im Herbst 1942 wurde das Ghetto aufgelöst. Die Bewohner wurden in ein Vernichtungslager der „Aktion Reinhard“ gebracht. Alte und Kranke wurden nach Zeugenaussagen noch im Ghetto ermordet. Olga überlebte das Martyrium nicht. Ihr genaues Sterbedatum ist mir nicht bekannt.

 

Über die beiden Töchter Olgas, konnte ich nicht viel herausfinden. Elsa erblickte am 14. August 1885 das Licht der Welt. Sie war Schauspielerin und wohnte in der Führichgasse. 1939 trat ein Gesetz in Kraft, dass Juden und Jüdinnen verpflichtete, als zweiten Vornamen den Namen "Israel" bzw. "Sara" annehmen. Elsa war bereits 1911 aus der israelitischen Glaubensgemeinschaft ausgetreten und hatte sich im Oktober desselben Jahres in der evangelischen Kirche taufen lassen. Trotzdem betraf auch sie diese Verordnung und mit 4/1941 wurde dies auch in ihrer Geburtsmatrikel eingetragen. Es dürfte ihr aber die Flucht ins Ausland geglückt sein. Gem. einem Vermerk soll sie im August 1955 in London gestorben sein. 

 

Ihre Schwester Melitta wurde am 28. April 1889 geboren. Im August 1925 bezog sie in Bad Ischl Quartier. Möglicherweise war sie zur Kur dort. 1934 konvertierte sie gemeinsam mit ihren Eltern vom Judentum zum Christentum. Sie dürfte dann eine Zeit lang in Berlin gelebt haben. Ihr weiteres Schicksal ist ungewiss. 

 

Tochter Regina Robinson und Bela Lackenbach

Regina Robinson (1865-1858)

Regina Robinson (1865-1958) kam am 20. April 1865 in Wien zur Welt. Sie war die Zweitgeborene von Augustine und Leon Robinson. 

 

Regina begeisterte sich schon früh für Musik. Gesangsunterricht erhielt sie bei Louise Dustmann-Meyer. Sie debütierte als Opernsoubrette am Stadttheater Regensburg. Dort war sie für die Saison 1886/87 verpflichtet. Anfangs hörte man in ihrer Aussprache noch einen kleinen Sprachfehler bei der Aussprache des „s“. Regine trat dann in Danzig und Bremen auf. Im Anschluss nahm sie Engagements in Graz und Baden an. Zu ihren Rollen zählte u. a. "das Ännchen" in Webers Freischütz. Bei ihren Auftritten erntete sie immer reichlich Applaus. Regina arbeitete nicht nur in Graz, sondern wohnte einige Zeit auch dort. 

Theaterzettel v. Grazer Theater am Franzensplatz

Am 14. September 1892 feierte Regina mit dem Geschäftsreisenden Béla Lackenbach (1861-1900) in Wien Hochzeit. Die Zeremonie wurde als Haustrauung vollzogen. Béla stammte aus Nagykanizsa in Ungarn und wohnte in Triest

Heiratsmatrikel 1892 von Regina Robinsohn und Bela Lackenbach

Wie es die damaligen Konventionen erwarteten, zog sich Regina nach ihrer Eheschließung aus ihrem Beruf zurück. Ihre Abschiedsvorstellung gab sie bereits im Mai 1892 im Theater am Franzensplatz in Graz. Sie wählte für diesen Anlass „Die Fledermaus“ von Johann Strauss. Das Publikum bot ihr einen stürmischen Empfang. Regina wurde nicht nur mit großem Beifall, sondern auch großzügigen Blumenspenden, einem Lorbeerkranz und vielen sonstigen Geschenken bedacht.

 

Regina führte einen Doppelnamen und nannte sich Lackenbach-Robinson. Sie wohnte mit ihrem Ehemann dann zeitweise in Triest und in Wien in der Hörlgasse 18. Aus dieser Verbindung gingen mind. 2 Kinder hervor: 

  • Anna (1896-1977)
  • Armin (1900-1985) 
Todesanzeige Béla Lackenbach (1861-1900)

Doch Béla litt an einer schweren Krankheit. Im Alter von nur 39 Jahren erlag er am 26. September 1900 seinem Leiden. Seine Kinder waren gerade mal sechs Jahre bzw. acht Monate alt. Der Tote wurde im Sterbehaus in der Hörlgasse aufgebahrt und sodann am Zentralfriedhof bestattet. Das Grab liegt in der Gruppe 5b/3/54 bei Tor 1. Leider hab ich es (noch) nicht gefunden. 

 

Regina hatte sich vom Schock über den Tod ihres Gatten noch nicht erholt, als auch noch ihre Mutter im Dezember desselben Jahres starb. Regina musste ihre Kinder nun ganz alleine großziehen. Um für ihre Familie sorgen zu können, nahm sie wieder Engagements an Opern- und Operettenbühnen an. Die Ferienzeit verbrachte sie mit ihren Kindern immer wieder in Bad Ischl. 

Grab der Fam. Lackenbach-Robinson in Bad Ischl

In den 1920er Jahren lebte Regina bei ihrer Tochter Anna in Berlin. Als die Gefahr durch die Nationalsozialisten zu groß wurde, emigrierte sie 1941 mit ihrer Tochter über die Schweiz und Portugal in die USA. Dort trafen sie am 2.11.1941 ein. Nach Kriegsende kehrte Regina wieder nach Österreich zurück. Sie lebte dann in Bad Ischl. Gestorben ist sie am 28. Mai 1958 in Zürich. Ihr Leichnam wurde nach Bad Ischl überführt und am dortigen Friedhof zur letzten Ruhe gebettet.  

 

Anna Lackenbach-Robinson (1896-1977)

Ihre Tochter Anna wurde am 25. September 1896 in Triest geboren. Sie besuchte die Theaterschule Arnau in Wien und ergriff den Beruf einer Schauspielerin. 1911 erhielt sie ein zweijähriges Engagement am Linzer Landestheater und trat dort in kleineren Rollen auf. Im Oktober 1918 debütierte sie erfolglos als Operettensängerin am Salzburger Landestheater. In den 1920er Jahren lebte sie in Berlin. Dort trat sie in diversen Unterhaltungsetablissements auf. Während all der Zeit zog es sie immer wieder nach Bad Ischl. Dort dürfte sie auch ihren späteren Ehemann Max Tauber (1890-1981) kennengelernt haben. Er war der Cousin und Manager des weltberühmten Opernsängers Richard Tauber. Max kaufte 1924 eine Haushälfte einer Villa in Bad Ischl. Als die Besitzerin der zweiten Hälfte in finanzielle Probleme geriet, erstand Richard Tauber diesen Teil der Liegenschaft. Das Anwesen befand sich ganz in der Nähe von Franz Lehars Sommerresidenz. 

 

Anna konvertierte im November 1933 zum evangelischen Glauben. Ende 1933 verlobte sich Anna mit Max Tauber und am 8. Feber 1934 wurde schließlich Hochzeit gefeiert. Als Trauzeugen fungierten Annas Bruder Armin und ihr Schwager Karl Lieske. Zu diesem Zeitpunkt übernahm Max Tauber auch die zweite Haushälfte von seinem Cousin Richard Tauber. Möglicherweise war das auch ein Hochzeitsgeschenk. Anna blieb auch nach der Heirat als Sängerin und Schauspielerin aktiv und führte den Namen Tauber-Robinson. Die Ehe blieb kinderlos.  

Zeitungsausschnitt u.a. mit Richard und Max Tauber

1937 übernahm Max Tauber das Philadelphiatheater in Wien. Anna wirkte dort u.a. in einer Aufführung des weißen Rössl mit. Doch aufgrund ihrer jüdischen Wurzeln wurden sie von den Nationalsozialisten verfolgt. Max verlor 1938 das Theater und 1939 mussten sie im Rahmen der Arisierungsmaßnahmen auch ihre Villa in Bad Ischl  „verkaufen“. Sie emigrierten dann mit ihren beiden Kindern und Annas Mutter Regine über die Schweiz und Portugal in die USA. Dort konnten sie aufgrund von Sprachproblemen nicht Fuß fassen. Anna verdiente sich ein wenig Geld in einem deutschen Restaurant. Nach dem Krieg kehrten sie nach Österreich zurück. Ihre Liegenschaft erhielten sie restituiert und wohnten dann wieder in Bad Ischl.

 

Anna starb am 24. Juni 1977 und wurde im Grab ihrer Mutter in Bad Ischl beigesetzt. Ihr Ehemann Max Tauber folgte ihr am 13. Dezember 1981. Er wurde ebenfalls in Bad Ischl begraben, allerdings in einem eigenen Grab. Auf seinem Grabstein wurden die Daten seines Cousins Richard Tauber eingraviert. Dieser starb 1948 in London, wo er auch begraben liegt.  

Armin Lackenbach-Robinson (1900-1985)

Annas Bruder Armin Lackenbach-Robinson erblickte am 23. Jänner 1900 in Wien das Licht der Welt. Auch er verschrieb sich der Musik. Er arbeitete für Musikverlage im Bereich Schlager, Operette und Film. Er wirkte aber auch als Liedtexter, Librettist und später auch als Drehbuchautor. Ab 1925 fungierte er beim Wiener Bohéme Verlag als Prokurist. Dieser war 1919 von Otto Hein und Robert Stolz gegründet worden. Ab 1928 lebte Armin in Berlin, wo er zusammen mit Viktor Alberti den "Alrobi Musikverlag" und den "Robinson Verlag" gründete. 1929 beteiligte er sich an der Gründung des "Ufaton-Verlages". Im Laufe der folgenden Jahre involvierte er sich in weitere Musikverlage.   

Zeitungsausschnitt u.a. mit Armin Lackenbach-Robinson
Trude Lieske (1899-1993)

Er lernte vermutlich in Berlin die deutsche Sängerin und Schauspielerin Gertrud (Trude) Lieske (1899-1993) kennen. Die Künstlerin war vorwiegend auf deutschen Bühnen aktiv. Sie sang und spielte in vielen Revuen und Operettenaufführungen die Hauptrolle. Sie spielte in einigen Stummfilmen mit und ab 1930 stand sie für einige der ersten Tonfilme u. a. mit Willy Forst und Paul Hörbiger vor der Kamera.

 

Im Juni 1927 verbrachte Trude gemeinsam mit Armin und seiner Schwester Anna Ferien in Bad Ischl. Am 5. Jänner 1929 heirateten Armin und Trude schließlich in Berlin. Im selben Jahr trat Trude 1929 im Großen Schauspielhaus in Berlin in der Operette "der liebe Augustin" auf. Weiters war sie dort in Ralph Benatzkys Operetten "Casanova", "die drei Musketiere" und in der Uraufführung des Erfolgsstücks "Im weißen Rößl" zu sehen und hören.  

 

1931 kaufte das Ehepaar in Bad Ischl den alten villenartigen „Haidenhof“, der später „Villa Robinson“ genannt wurde. Das Grundstück umfasste auch ausgedehnte Grünflächen. Sie bauten das Haus um und richteten es mondän ein. Hierher luden sie ihre Freunde und Kollegen ein. Ihr Domizil wurde zum Mittelpunkt des gesellschaftlichen Lebens in Bad Ischl. Hier gingen alle Größen der Musikwelt ein und aus. Oscar Straus, Emmerich Kálmán, Armins Schwester Anna und sein Schwager Max Tauber waren hier regelmäßig zu Gast.   

Zeitungsausschnitt u.a. mit Armin Lackenbach-Robinson

Armin schrieb Gesangstexte zu diversen Operetten und Filmschlagern. Darunter waren Lieder für Oscar Straus und Robert Stolz. Das Lied "Zwei Herzen im Dreivierteltakt" schrieb er mit Robert Stolz und Walter Reisch für den gleichnamigen Film. Paul Burkhard soll sein berühmtestes Lied „O mein Papa“ bei einem Besuch bei den Robinsons im Haidenhof komponiert haben. Für den Komponisten Paul Abraham, der zu Armins großen Entdeckungen zählte, verlegte er Anfang der 1930er-Jahre dessen große Erfolgsstücke wie „Viktoria und ihr Husar“, „Die Blume von Hawaii“ und „Ball im Savoy“. Er war auch der Verleger von Ralph Benatzky und als solcher wurde er des Öfteren beschuldigt, die Lieder Benatzkys plagiiert zu haben. Meistens wurden solche Affären durch großzügige Zahlungen an die Kläger bereinigt. Armin publizierte auch zahlreiche bekannte Operetten und Schlager, wie z.B. „ein Walzertraum“, „Viktoria und ihr Husar“ oder „ich hab‘ mein Herz in Heidelberg verloren“. Gemeinsam mit Walter Reisch und Robert Gilbert schrieb er die Texte zu vielen Stolz-Liedern. Einige der bekanntesten sind: „Zwei Herzen im ¾ Takt“, „Auch du wirst mich einmal betrügen“ „Himmelblaue Träume“, „Im Traum hast du mir alles erlaubt“, „Du bist mein Maskottchen gewesen“. Viele erfolgreiche Schlager von damals sind heute leider vergessen: „Ich kauf‘ mir ne Rakete“, „Wenn wieder Frühling ist“, „Ich hab ne alte Tante“, oder „Märchen von Tahiti“. Armin verfasste auch zahlreiche Texte für Ralph Benatzkys Revuen und Operetten.  Auch für den neu entstanden Tonfilm schuf er Liedtexte.  

Szenenbild mit Trude Lieske

1932 wurde in der Wiener Volksoper die Operette „Bravo Peggy“ von Wilhelm Lichtenberg aufgeführt.  Die Gesangstexte stammten von Armin Robinson und Theodor Waldau. Trude erhielt zur gleichen Zeit ein Engagement am Theater an der Wien. Sie gab die Hauptrolle in der Operette „Zwei lachende Augen“. Die Musik dazu stammte von Oscar Straus. Neben ihr spielten u.a. Hubert Marischka und Hans Moser mit. 1933 wurde sie vom Theater an der Wien für die Hauptrolle in der Oskar-Straus-Operette „Zwei

lachende Augen" verpflichtet. Die männliche Hauptrolle wurde mit Hubert Marischka besetzt.   

Theaterzettel 1932 Wr. Volksoper "Bravo Peggy"

Als Jude war Armin von den Arisierungsmaßnahmen der Nationalsozialisten in Deutschland und Österreich betroffen. Bereits bei der Saisoneröffnung der Grazer Theaterspielzeit wurde in der Zeitung „der Kampf“ im September 1932 angeprangert, dass noch immer Juden bei der Programmgestaltung eine Rolle spielten. U.a. wurden Armin Robinson, Ralph Benatzky, Rudolf Gilbert und Karl Farkas konkret genannt. Sie zeichneten für die Musik und die Gesangstexte der Posse „Morgen geht’s uns gut“ verantwortlich. Armin verließ mit seiner Frau Berlin. Seine Verlage wurden arisiert bzw. liquidiert. Das Paar wohnte dann zeitweise in Lugano in der Schweiz. 1934 gründete Armin in Zürich die „Musikverlag und Bühnenvertrieb AG“. In den nächsten Jahren wirkte er auch bei Operetten- und Revueoperettenaufführungen in Zürich mit. Außerdem schrieb er das Drehbuch für den britischen Film „Land Without Music“, in dem Richard Tauber und seine Gattin Diana Napier die Hauptrollen spielten. In Österreich war Armin noch bis zum Anschluss im März 1938 tätig. Er bemühte sich dann in der Schweiz um Reisedokumente. Von dort konnte er 1941 gemeinsam mit seiner Frau in die USA ausreisen. Am 13. Juli 1941 erreichten sie auf einem Dampfer New York. Über Armins berufliche Aktivitäten in Amerika ist wenig bekannt. 1943 fungierte er als Herausgeber des Buches „The Ten Commandments – ten short novels of Hitler´s war against the moral code“. Es wirkten dabei namhafte Künstler wie Thomas Mann und Franz Werfel mit. Trude trat 1946 in der New Yorker Carnegie-Hall in einer Hauptrolle der Revue „Alles kommt einmal wieder“ auf. 

 

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs kehrten die Robinsons nach Europa zurück. Sie lebten in Ascona, München und Bad Ischl. Während Armin seine Arbeit auch hier wieder aufnahm, zog sich Trude von der Bühne zurück. 1948 kam in Zürich die Operette „ihr erster Walzer“ von Oscar Straus heraus. Armin war in dieser Zeit auch an Film- und Fernsehproduktionen der BBC, des ORF und des ZDF beteiligt. 1949 wurde die Operette „die Musik kommt“ von Oscar Straus im Wiener Raimundtheater aufgeführt. Auch dazu stammte der Text wieder zum größten Teil von Armin Robinson. Auch das Restitutionsverfahren um seine Verlage verlief positiv. 1964 verkaufte er sie dann an Bertelsmann.  

 

Armin starb am 12. September 1985 im Alter von 85 Jahren in Bad Ischl. Dort wurde er im Grab seiner Mutter Regina beigesetzt. Seine Frau Trude folgte ihm am 16. September 1993 mit 94 Jahren nach. Ihre Villa in Bad Ischl hatten die beiden schon zu Lebzeiten der Gemeinde Bad Ischl vermacht. 


Bildquellen:

  • Stammbaum der Fam. Robinson: © Karin Kiradi
  • alle Matrikelauszüge: Familysearch bzw. Matricula online
  • Todesanzeige Joel Robinson: Neue Freie Presse v. 4.9.1889, Seite 13: Anno ONB
  • Todesanzeige Abraham Robinson: Geni
  • Grab Abraham Robinson: © Karin Kiradi
  • Todesanzeige Adolf Misch: Neue Freie Presse v. 11.3.1880, Seite 14: Anno ONB
  • Todesanzeige Rosa Misch: Geni 
  • Todesanzeige Auguste Robinson: Neue Freie Presse v. 23. Dezember 1900, Seite 22: Anno ONB
  • Grab v. Auguste und Leon Robinson: © Karin Kiradi
  • Regina Robinson: Der Humorist v. 1. Oktober 1890, Seite 4: Anno ONB
  • Theaterzettel v. Theater am Franzensplatz: Grazer Volksblatt v. 23. Januar 1890, Seite 8: Anno ONB
  • Todesanzeige Béla Lackenbach: Neue Freie Presse v. 27.9.1900, Seite 15: Anno ONB
  • Grabstein für Fam. Lackenbach-Robinson, Tauber Bad Ischl: Wikipedia, CC BY-SA 4.0
  • Anna Tauber: Wienmuseum, Rudolf Krziwanek (Fotograf), Frl. Tauber, um 1870, Wien Museum Inv.-Nr. 56574/115, CC0 
  • Zeitungsausschnitt Richard und Max Tauber: Wr. Allgemeine Zeitung v. 23.5.1930, Seite 5: Anno ONB
  • Grab Max Tauber in Bad Ischl: Wikimedia; CC BY-SA 4.0
  • Grab Richard Tauber in Brompton: WikimediaCC BY-SA 3.0
  • Armin Lackenbach-Robinson: Familysearch
  • Zeitungsausschnitt Armin Lackenbach-Robinson: Die Stunde v. 1. Juli 1926, Seite 7: Anno ONB
  • Trude Lieske: Die Bühne 1927, Nr. 135, S. 12: Anno ONB
  • Zeitungsausschnitt Armin Robinson: Die Bühne, Nr. 85, S. 14: Anno ONB
  • Theaterszene mit Trude Lieske: Die Bühne 1929, Nr. 228, S. 14: Anno ONB 
  • Theaterzettel Volksoper: Wienbibliothek online

Quellen:

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Kommentare: 5
  • #1

    Aloisia Gratzer (Sonntag, 08 Juni 2025 18:22)

    Ihre Geschichten sind immer sehr interessant!
    Danke

  • #2

    Christiane Russ (Sonntag, 08 Juni 2025 22:44)

    Liebe Frau Kiradi, immer wieder beschenken Sie Ihre Leser mit interessanten, ausführlich recherchierten, spannenden Familien Chroniken, wofür ich mich von Herzen bedanke. Jedesmal lese ich Ihre Berichte mit großem Interesse und Begeisterung!!!

  • #3

    Herbert Resetarits (Montag, 09 Juni 2025 11:42)

    Wieder eine sehr interessante Familiengeschichte, immer wieder ein Genus die sorgfältig zusammengetragenen Infos zu lesen. Freue mich immer auf eine neue Erzählung aus der Vergangenheit.

  • #4

    Harald Schwarz (Montag, 09 Juni 2025 12:06)

    Das war wieder eine sehr interessante Familiengeschichte, danke für‘s recherchieren und posten!

  • #5

    Erich Lindengrün (Freitag, 13 Juni 2025 13:58)

    Wieder eine interessante Geschichte, danke liebe Karin.